Die Mutigen
Die Ärztin
Agnodike (~300 v. Chr.)
Glaubt man Hyginus Mythographus, ist Agnodike die erste Ärztin der Antike. Seinen Schriften zufolge lebt die Athenerin um 300 v. Chr. und studiert bei Herophilos Medizin und Geburtsheilkunde. Da es Frauen verboten ist, Heilkunst zu erlernen oder auszuüben, schneidet sich Agnodike die Haare ab und trägt Männerkleidung – wobei man sich fragen kann, wie es gerade ihrem Ausbilder entgehen kann, dass er eine Frau unterrichtet. Nach ihrer Lehrzeit praktiziert Agnodike so erfolgreich als Gynäkologin, dass missgünstige Kollegen sie der Verführung bezichtigen. Um sich zu entlasten, gibt sie ihr Geschlecht preis – und hat eine weitere Anklage am Hals. Erst durch das beherzte Eingreifen einflussreicher Athenerinnen – sie sollen sogar gedroht haben, ihre Männer zu verlassen – wird Agnodike freigelassen. Und nicht nur das: Fortan erlaubt eine Gesetzesänderung Frauen, Geburtshilfe und Heilkunde zu studieren und Patientinnen zu behandeln.
Apropos Frauen, die sich als Männer ausgaben
Agnodike war weder die Erste noch die Letzte, die sich als Mann ausgab. Zwei weitere Beispiele: Anfang des 19. Jahrhunderts schickt die französische Mathematikerin Sophie Germain ihre Arbeiten zur Zahlentheorie unter einem männlichen Pseudonym an Carl Friedrich Gauß. Anfang des 20. Jahrhunderts verkleidet sich die deutsche Chemikerin Ida Noddack als Mann, um Vorlesungen zu besuchen, bei denen nur Herren erlaubt sind.
Die Universalgelehrte
Hildegard von Bingen (1098–1179)
Es wäre unfair, Hildegard von Bingen in die esoterische Ecke zu verbannen: Zwar kennt sich die Äbtissin auch mit Kräutern aus, ist aber vor allem als Wissenschaftlerin und Komponistin eine der erstaunlichsten Persönlichkeiten des Hochmittelalters. Sie wird 1098 als letztes von zehn Kindern geboren und aufgrund ihrer schwachen Konstitution in die Obhut eines Klosters gegeben. Schon als Kind ereilen die spätere Universalgelehrte „religiöse Visionen“, heute vermutet man, sie litt unter Migräne. Hildegard von Bingen meistert nicht nur die Herausforderung, zwei Frauenklöster zu gründen, sondern avanciert zur Beraterin einflussreicher Persönlichkeiten ihrer Zeit, Monarchen wie Friedrich Barbarossa oder hohe Geistliche bis hin zum Papst. Eine mehr als erstaunliche Strahlkraft für eine Frau ihrer Epoche, in der ihr Geschlecht in zeitgenössischen Schriften als „minderwertig“ beschrieben wird und sich „dem Mann deshalb zu unterwerfen habe“.
Apropos Mittelalter
Als Buch und Film ein Welterfolg – aber hat es die Päpstin Johanna wirklich gegeben? Gleich mehrere mittelalterliche Quellen erwähnen eine Frau, die sich als Mann ausgibt und es bis ins höchste Kirchenamt schafft. Allerdings liegen Dichtung und Wahrheit bei Berichten in dieser Zeit sehr nah beieinander. Möglich ist auch, dass es sich bei der „Päpstin“ um Marozia handelt. Die römische Senatorin macht sich ab 914 gleich mehrere Päpste gefügig und baut so eine Mätressenherrschaft („Pornokratie“) auf. In etwa jener Zeit soll auch die Päpstin gelebt haben.
Die Informatikerin
Ada Lovelace (1815–1852)
1843 schreibt sie das erste Computerprogramm – und im Prinzip ist der verlotterte Vater schuld. Ada Lovelace ist die Tochter des Dichters Lord Byron. Die Eltern trennen sich einen Monat nach ihrer Geburt. Um zu verhindern, dass Ada ihrem Vater nacheifert, verbannt ihre Mutter jegliche künstlerische Note aus Adas Erziehung und lässt sie dafür in den Naturwissenschaften unterrichten. Unter anderem von dem bekannten Mathematiker Augustus De Morgan. Der erkennt zwar ihr Talent, fördert es aber nicht, weil er Frauen grundsätzlich für ungeeignet für die Wissenschaften hält. Das fordert das Mädchen nur noch mehr heraus: Mit zwölf Jahren baut Ada ein Fluggerät nach dem Modell einer toten Krähe, mit einer Dampfmaschine als Antrieb für die Flügel. Leider fliegt das Ding nicht. Im Alter von 17 Jahren lernt Ada den Cambridge-Professor und Mathematiker Charles Babbage kennen. Sein Projekt: die Analytical Engine, eine mechanische Rechenmaschine, die ihrer Zeit Jahrzehnte voraus ist, allerdings niemals fertiggestellt wird. Ada Lovelace erkennt das Potenzial besser als der Erfinder. Sie schreibt eine nummerierte Liste von Befehlen mit Operationen und Variablen – die man heute als erstes Computerprogramm anerkennt. Ein Satz in ihren Schriften wird aufgrund des Vormarsches der künstlichen Intelligenz aktuell heiß diskutiert: „Die Maschine ist kein denkendes Wesen, sondern lediglich ein Automat, der nach Gesetzen handelt, die ihm auferlegt wurden.“
Apropos Pionierinnen am PC
Grace Hopper (1906–1992) kommt Ende der 1940er-Jahre auf die Idee, Computerprogramme in einer verständlichen Sprache zu verfassen statt nur mit Einsen und Nullen. So leistet Hopper wesentliche Vorarbeiten zur Entwicklung der Programmiersprache COBOL. Hopper (Lebensmotto: „Im Zweifelsfall – mach es“) wurde für ihre Leistungen mit über 90 Auszeichnungen geehrt. 1969 ernennt die Data Processing Management Association sie kurioserweise zum „Man of the Year“. Ein weiterer Beweis dafür, welch ein Solitär „Amazing Grace“ – wie sie ihre vielen Bewunderer nannten – gerade zu ihrer Zeit in der IT-Branche ist.
Die Fliegerin
Élise Deroche (1886–1919)
„Der Aéro-Club de France, Paris, bescheinigt, dass Madame de Laroche zur Flugzeugführerin ernannt worden ist. 8. März 1910. Der Präsident.“ Die Geschichte der motorisierten Luftfahrt ist damals noch jung, nur sieben Jahre zuvor gelangen Orville und Wilbur Wright die ersten sekundenkurzen Flüge. Die erwähnte Madame de Laroche wird um 1885 in eher bescheidenen Verhältnissen als Élise Deroche geboren. Später versucht sie sich als Schauspielerin, nennt sich Baronin Raymonde de Laroche und lernt den Flugzeugbauer Charles Voisin kennen, der ihr vorschlägt, das Fliegen zu erlernen. Die mutige junge Dame nimmt die Herausforderung dankend an: Bereits bei der ersten Gelegenheit hebt sie unerlaubt mit dem Einsitzer ab. Wir schreiben das Jahr 1909. Ihr Fluglehrer ist wenig begeistert, aber sei’s drum: Zum ersten Mal in der Geschichte der Aviatik fliegt eine Frau allein. Deroche ist der Ansicht, dass Fliegen die ideale Beschäftigung für Frauen sei: „Man benötigt dazu weniger physische Kraft als vielmehr körperliches und geistiges Reaktionsvermögen.“ Kaum hat sie die Fluglizenz in der Tasche, stürzt Madame in Reims ab und wird mit schwersten Verletzungen geborgen. Aber zwei Jahre später fliegt die Französin wieder. „Vielleicht fordere ich das Schicksal einmal zu oft heraus. Aber ich habe mich der Luftfahrt verschrieben und fliege stets ohne die geringste Angst.“ Am 18. Juli 1919 verunglückt sie bei einem Testflug mit einem Prototyp tödlich.
Apropos Fliegerin
1935 meistert die US-Amerikanerin Amelia Earhart als erster Mensch den Alleinflug über den Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Kalifornien. Zwei Jahre später bricht sie zur ersten äquatorialen Erdumrundung per Flugzeug auf. Earhart legt drei Viertel der Strecke zurück, dann verliert sich ihre Spur in der Südsee. Zu diesem Flug ist das Zitat überliefert: „Frauen müssen Dinge genauso versuchen, wie Männer es getan haben. Wenn sie versagen, darf ihr Versagen nichts anderes sein als eine Herausforderung für andere.“
Die Wissenschaftlerin
Marie Curie (1867–1934)
Man sollte annehmen, dass eine bemerkenswerte Naturwissenschaftlerin immer nur bewundert wird – aber schon zu Lebzeiten von Marie Curie schreibt die Presse, sie sei eine „sonderbare Frau“. Doch der Reihe nach: Als Maria Salomea Skłodowska wird sie 1867 in Warschau geboren. Frauen sind dort an Universitäten nicht zugelassen, 1891 geht sie daher an die Pariser Sorbonne. Auch dort zeigt die Verteilung der Geschlechter, welche besondere Herausforderung das Studieren für Frauen in der damaligen Zeit darstellt: Von über 1.800 Studierenden sind nur 23 weiblich. Die Bildungsmigrantin entdeckt – neben ihrem zukünftigen Gatten, dem Physiker Pierre Curie – Polonium und Radium. Später lehrt sie als erste Frau an der Universität, allerdings erst, nachdem ihr Mann 1906 bei einem Verkehrsunfall verunglückt und man ihr seine Lehraufträge überträgt. Drei Jahre zuvor gewinnt sie mit Pierre Curie und ihrem Doktorvater Henri Becquerel als erste Frau den Nobelpreis in Physik. 1911 erhält sie die höchste Auszeichnung der Wissenschaft erneut, diesmal in der Kategorie Chemie und ohne sie teilen zu müssen. Curies Tochter Irène tritt später übrigens in die Fußstapfen ihrer Mutter und bekommt 1935 ebenfalls den Nobelpreis für Chemie – was ihre Mutter nicht mehr erlebt: Am 4. Juli 1934 stirbt Marie Curie mit 67 Jahren an den Folgen des jahrzehntelangen Umgangs mit radioaktiven Materialien. Albert Einstein sagt über Marie Curie: „Wenn auch nur ein kleiner Teil von Frau Curies Charaktergröße und Hingabe in den Intellektuellen Europas lebendig wäre, stünde es besser um Europas Schicksal.“
Apropos Ehrungen
Dass Marie Curie 1903 gleichberechtigt mit ihrem Mann und Forscherkollege Becquerel mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird, ist keine Selbstverständlichkeit. Noch Jahrzehnte später werden Frauen, die an bahnbrechenden Forschungsprojekten maßgeblich mitgewirkt haben, übergangen. Zum Beispiel Jocelyn Burnell. Sie entdeckt 1967 im Alter von nur 24 Jahren den ersten Neutronenstern. Der Nobelpreis geht aber an ihren Vorgesetzten Anthony Hewish. Ein weiteres Beispiel ist Rosalind Franklin. Die Britin wirkt in den 1950er-Jahren entscheidend an der Entschlüsselung der Doppelhelixstruktur der DNA mit. Doch den Nobelpreis dafür erhalten Francis Crick, James Watson und Maurice Wilkins, die sich ihrer Forschungsergebnisse ohne ihr Wissen bedient hatten.
Die Kraftfahrerinnen
Effie Hotchkiss (1894–1966)
Adeline Van Buren (1894–1949)
Augusta Van Buren (1894–1949)
Clärenore Stinnes (1901–1990)
Die allererste motorisierte Fernfahrt der Menschheit wurde von einer Frau bestritten, und dennoch waren Frauen am Steuer von Kraftfahrzeugen viele Jahre ein seltener Anblick. Insbesondere, wenn es sich um abenteuerliche Trips handelte. Eine solche Herausforderung gehen Effie Hotchkiss, gerade einmal 20 Jahre jung, und ihre Mutter Avis Anfang 1915 an: Im Harley-Davidson-Gespann rumpelten sie 14.000 Kilometer von New York nach San Francisco durch die USA. Die Straßen damals waren meist staubige oder gar schlammige Pisten. Auch deswegen schreibt die „Orange County Times-Press“ am 23. April 1915 über die beiden Abenteurerinnen: „Ein interessantes Beispiel, wie weit es Frauen mit Entschlossenheit bringen können.“ Ein Jahr später nehmen die Van-Buren-Schwestern Augusta und Adeline die Herausforderung USA-Querung in Angriff. Der Grund für die Fahrt: „Gussie“ und „Addie“ wollen ihren Kriegsdienst in der Armee ableisten – als Kradmelderinnen. Das Ersuchen wird aber abgelehnt. Nicht hinnehmbar, befinden die Schwestern, und wollen beweisen, wie gut sie für den Job geeignet sind. „Woman can, if she will“ lautete Augustas Wahlspruch. Am Nationalfeiertag, dem 4. Juli 1916 geht es mit zwei schwergewichtigen Indian Powerplus (998 ccm, 18 PS) los. Obwohl sie wegen des Tragens von Männerkleidung mehrfach verhaftet werden, meistern auch sie den Mammutritt – den ersehnten Job als Kradmelderinnen bekommen sie dennoch nicht. In den 1920er-Jahren wagt Clärenore Stinnes ein noch viel größeres Abenteuer: eine Weltumrundung im Auto. Die Familie ist mal wieder indigniert über so viel burschikosen Tatendrang der passionierten Rennfahrerin. Einmal um die Welt im Auto, geht’s noch?! Und wie! Auch dank freundlicher Unterstützung der Industrie. Die Frankfurter Adler-Werke stellen ihre neueste Limousine „Standard 6“ zur Verfügung: Sechszylinder, 45 PS, 80 km/h Spitze. Am 25. Mai 1927 startet die 26-Jährige in Frankfurt am Main. Mit an Bord: zwei Mechaniker, der schwedische Kameramann Carl Axel Söderström (den sie später heiratet) und eine Reisekasse mit 100.000 Reichsmark. Die Reise gen Osten wird zunehmend strapaziöser. Söderström: „Ich habe mehr das Auto geschoben als gedreht.“ Hitze in der syrischen Wüste, Eis am Baikalsee, Schlamm in Sibirien, unwegsames Gelände in den Anden – all das hält Clärenore Stinnes nicht auf. Nach fast 47.000 gefahrenen Kilometern erreicht sie mit ihrem Team am 24. Juni 1929 Berlin und wird von einer jubelnden Menschenmenge empfangen.
Apropos Autofahrerinnen
Berta Benz fuhr bekanntermaßen im August 1888 – ohne das Wissen ihres Mannes (O-Ton: „Carl hätte das niemals erlaubt“) – mit dem Motorwagen Nr. 3 von Mannheim nach Pforzheim (106 km). Sie war damit nicht nur die erste Frau am Steuer eines Automobils, sondern auch der erste Mensch, der eine automobile Fernfahrt absolvierte.
Die Funkerin
Hedy Lamarr (1914–2000)
Die Geschichte klingt wie ausgedacht: Eine Schauspielerin, die als schönste Frau der Welt gilt, begegnet während des Zweiten Weltkriegs einem Avantgarde-Komponisten, gemeinsam erfinden sie für die US-amerikanische Armee eine Funktechnik, von der man heute sagt, sie habe den Grundstein für die moderne Telekommunikation gelegt. Wann das war? In den 40er-Jahren in Hollywood. Dorthin hat es die 1913 in Wien geborene Bankierstochter Hedwig Kiesler verschlagen. Unter dem Künstlernamen Hedy Lamarr spielt sie mit Clark Gable, Spencer Tracy und James Stewart – ihr Gesicht dient sogar als Vorlage für Walt Disneys „Schneewittchen“. „Jede Frau kann glamourös aussehen“, meint sie einmal, „sie muss nur stillhalten und dumm gucken.“ Man merkt, Schönheit war der Filmdiva, die als Kind schon Interesse an Technik hatte, nicht genug. Selbst am Filmset soll Lamarr einen eigenen Wagen für ihre Erfindungen gehabt haben. Aber die Tüfteleien sind ihr nicht Herausforderung genug, sie verfolgt größere Ziele: die verhassten Nazis bekämpfen. Mit einem Freund, dem Komponisten George Antheil, tüftelte sie an einem „geheimen Kommunikationssystem“, durch das sich Torpedos per Funk steuern lassen – unbeeinflusst von feindlichen Störsendern. 1942 lässt sie die Erfindung des Frequenzsprungs patentieren, die US-Marine jedoch ignoriert die Technologie zunächst und rät ihr, sie solle lieber Küsse gegen Kriegsanleihen verkaufen. Jahre später greifen Internetentwickler die Idee auf: Das Frequenzsprungverfahren wird zur Grundlage der drahtlosen Kommunikation wie WLAN und Bluetooth. Erst 1997, drei Jahre vor Lamarrs Tod, verleiht ihr die US-amerikanische Electronic Frontier Foundation (EFF) den Pionier-Award für ihre Erfindung. Ihr Kommentar: „Wurde auch Zeit.“
Apropos Hollywood
1970, 1980, 1990 … raten Sie mal, in welchem Jahr zum ersten Mal eine Frau den Oscar für die beste Regie gewonnen hat? Kaum zu glauben, aber erst 2010 ist es so weit: Kathryn Bigelow wird für ihre Arbeit an dem Film „Tödliches Kommando“ („The Hurt Locker“) als erste und bis heute einzige Frau in der 91-jährigen Geschichte der Academy Awards mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet.
Die Chemikerin
Stephanie Kwolek (1923–2014)
Dass sie sich besonders für Mode interessierte, hätte man jetzt nicht vermutet. Aber genau das erzählt die Chemikerin Stephanie Kwolek einmal, die 1965 Kevlar entwickelte. Pausenlos habe sie als Kind für ihre Puppen Kleider genäht, so Kwolek. Gern wäre die US-Amerikanerin polnischer Abstammung Ärztin geworden. Um ihr Medizinstudium zu finanzieren, nimmt sie eine Stelle bei dem Chemiekonzern DuPont an. Die Arbeit dort liegt ihr, das Studium wird vergessen. 1964 entdeckt sie flüssige, kristalline Polymere, die sich zu synthetischen Fasern verarbeiten lassen. Das Material, später besser bekannt als Kevlar, ist fünfmal härter als Stahl und dabei erstaunlich leicht. Bis heute wird die Kunstfaser in Schutzwesten, Helmen und Flugzeugen eingebaut. Die Forscherin selbst bezeichnet ihre Entdeckung später in der „Washington Post“ als „glücklichen Zufall“, was vermutlich nicht ganz stimmt, zudem muss sie ihre Mitarbeiter überreden, das Material wie einen Faden zu spinnen. Die Firma DuPont hat sie übrigens nicht am Gewinn beteiligt. 2014 stirbt sie im Alter von 90 Jahren. Ein paar Jahre vorher sagt Kwolek in einem Interview: „Ich hoffe, dass ich Leben rette. Es gibt wenige Menschen, die in ihrer Karriere die Möglichkeit haben, etwas Gutes für die Menschheit zu tun.“
Apropos erfinderische Frauen
1867 geboren, mit 14 verheiratet, mit 18 Mutter, mit 20 Witwe – Sarah Breedlove muss schon früh ihre Frau stehen. Als ihr mit 33 Jahren die Haare ausfallen, tüftelt sie an einem Gegenmittel. Später entwickelt sie ein Gel und einen „heißen Kamm“ mit denen sich Haare glätten lassen – ein Hit bei afroamerikanischen Frauen. Daraus entsteht ein Kosmetik-Imperium. Es trägt den Namen Madam C. J. Walker, den die Tochter ehemaliger Sklaven nach der Heirat mit ihrem zweiten Mann annimmt. Walker wird die erste weibliche Selfmade-Millionärin. Sie setzt ihr Vermögen nicht nur ein, um sich in New York eine Villa neben den Rockefellers bauen zu lassen, sondern auch um gegen die Unterdrückung ihrer afroamerikanischen Mitbürger zu kämpfen. Ein kurzer Kampf, denn Walker wird nur 51 Jahre alt.
Die Seglerin
Laura Dekker (*1995)
Sie will nicht zur Schule gehen, schon gar nicht in einem Haus wohnen. Laura Dekker, 1995 geboren, niederländisch-deutsch-neuseeländischer Herkunft und ein Dickschädel, hat sich eine besondere Herausforderung in den Kopf gesetzt: mit 14 Jahren in ihrem Zweimaster „Guppy“ um die Welt segeln. 2010 sticht sie in See, nachdem ihr die Reise zunächst von einem Gericht untersagt worden war. Das Jugendamt hatte sich eingeschaltet, dazu wird ihr Plan in Kneipen, Segelclubs und in der Presse diskutiert. Darf man ein Kind um die Welt segeln lassen? Laura Dekker setzt sich durch – mit der Unterstützung der Familie. Die 50.000 Kilometer lange Reise beginnt in Gibraltar und endet am 21. Januar 2012 vor der niederländischen Karibikinsel St. Maarten. Mit 16 Jahren sichert sie sich unter der Hand den Titel der „jüngsten Solo-Weltumseglerin“. Offizieller wird die Auszeichnung nie werden, weil man Nachahmer fürchtet. Heute ist Laura Dekker 23 Jahre alt und plant, ein Boot zu bauen: die „Guppy XL“, einen hochseetauglichen Zweimaster, 24 Meter lang. Damit will sie ab 2022 auf Törns gehen, allerdings nicht allein. „Ich möchte Kindern und Teenagern zeigen, wie sie ihren eigenen Weg gehen und sich ihre Träume erfüllen können.“
Apropos Weltumseglerin
Eine wichtige Wegbereiterin für Laura Dekker ist die Britin Tracy Edwards. Edwards startet vor 30 Jahren mit ihrer Yacht „Maiden“ und einer reinen Frauen-Crew beim knüppelharten Whitbread Round the World Race – ein Affront gegen die bis dahin von Männern dominierte Hochseeregatta-Welt. Die Skipperin erhält Drohbriefe, ihr Vorgarten wird mit Öl verschmutzt, und die Fachpresse schreibt ihr schon im Vorfeld die Schuld zu, falls es zu einem Unglück käme. Doch die „Maiden“ erreicht das Ziel als zweitschnellstes Boot der Klasse – und verändert das Frauen-Segeln für immer.