Error war gestern
Moderne Gesellschaften sind mehr denn je von Technik und Maschinen abhängig. Wir fahren in Autos, Bussen und Zügen. Wir verlassen uns auf die Turbinen von Flugzeugen und auf die Stromnetze. Landmaschinen sorgen für die Ernte, und Lkw liefern unsere Nahrungsmittel in gekühlte Supermärkte. Man kann leicht vergessen, wie sehr unser Leben von Maschinen bestimmt wird – bis diese einmal ausfallen. Pflege, Wartung und Instandhaltung sind entscheidend. Unternehmen rechnen mit einem gewissen Maß an Ausfallzeiten, um Maschinen hinsichtlich Sicherheit und notwendiger Reparaturen zu überprüfen. Ungeplante Ausfälle und Störungen können hingegen zu immensen Schäden führen. Sie bringen Produktionspläne durcheinander, führen zu erheblichen Ausfallkosten und bedeuten auch einen Vertrauensverlust bei Kunden. Die Frage nach der geeigneten Wartungsstrategie ist wichtiger denn je. Und der Trend geht in Richtung proaktiver Wartung.
Condition Monitoring ist ein solches Instrument: Sensoren überwachen Aggregate oder einzelne Bauteile direkt an der Maschine und messen dafür beispielsweise Temperatur, Drehzahlen oder Schwingungen. Algorithmen werten in Echtzeit die Daten aus und treffen eine Aussage zum Verschleiß. Das verhindert oder verkürzt Stillstandzeiten, produziert weniger Ausschuss und senkt Kosten für die Instandhaltung. Condition Monitoring ist eigentlich ein alter Hut. In den 1960er-Jahren gab es in Fahrzeugen der Oberklasse erstmals Warnleuchten für den Ölstand. Die Luftfahrt hat das System nahezu perfektioniert. Flugzeuge sind mit Tausenden Sensoren ausgestattet. Im Reiseflugverkehr werden am Triebwerk Druck, Drehzahl, Öl- und Kerosinfluss, Vibration und Abgastemperatur gemessen. So lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie belastbar ein Triebwerk noch ist und ob sich vorzeitiger Verschleiß oder ein Defekt abzeichnet. Das rechnet sich, schließlich kostet jede Stunde Ausfallzeit am Boden die Airline einen fünfstelligen Betrag.
Lösung für die Masse
In der Industrie ist die Realität bislang eine andere. Maschinenüberwachung scheitert häufig an den Kosten und dem Aufwand, der bei der Einbindung solcher Lösungen in die Produktionsumgebung entsteht. Auch erfordert es tief greifendes Know-how bei Einrichtung und Betrieb. Gerade kleine und mittelständische Betriebe scheuen die Kosten für ein Condition Monitoring, das daher bislang vornehmlich für einzelne, prozesskritische Maschinen eingesetzt wird. „In der Prozess- und Automatisierungsindustrie sind es nicht selten bis zu 95 Prozent der Aggregate, die entweder gar nicht oder nur durch routinemäßige manuelle Messungen in Abständen von beispielsweise vier bis sechs Monaten überwacht werden“, weiß Rauli Hantikainen, Senior Vice President Industry 4.0 beim Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler. Allein in Deutschland sind mehrere Millionen sogenannte Brownfield-Maschinen in Betrieb, denen es an Sensoren und Softwareschnittstellen fehlt. Dies muss jedoch kein K.-o.-Kriterium sein.
Erst wenn der Zustand aller Maschinen im Blick ist, können ungeplante Stillstände zuverlässig vermieden werden
Rauli Hantikainen, Senior Vice President Industry 4.0 bei Schaeffler
Industrie-4.0-Servicelösungen sind ein Schlüssel-Wachstumsfeld bei Schaeffler. Darunter fällt auch OPTIME, eine effiziente und einfach zu nutzende Condition-Monitoring-Lösung im attraktiven Preissegment. Mit der Lösung OPTIME aus kabellosen, batteriebetriebenen Schwingungssensoren und digitalen Service- und Analyseanwendungen in der Cloud räumt der Automotive- und Industriezulieferer bekannte Barrieren beiseite. Während Monitoring-Lösungen für prozesskritische Maschinen mit variablen Betriebsbedingungen fünf- oder sechsstellige Beträge kosten können, überwacht OPTIME für 30 Prozent der Kosten von routenbasierten oder Online-Messsystemen. Damit ist OPTIME auch für kleinere Antriebseinheiten und Motoren wirtschaftlich. Bei Kosten von wenigen Cent pro Tag kann der Kunde bis zu zehnmal mehr Maschinen überwachen als noch vor ein paar Jahren. „Mit OPTIME können Sie ein ganzes Werk ausstatten, inklusive sämtlicher Subsysteme und Nebenaggregate“, so Hantikainen. „Die Lösung wurde von uns als praxisgerechtes Plug-and-play-System konzipiert – der Anwender braucht kein eigenes Wissen über Condition Monitoring mitzubringen.“ Die Sensoren werden per Nahfeldkommunikation über die App aktiviert und der Maschine zugeordnet, dann am Aggregat verschraubt. Wer das ein paarmal gemacht hat, schafft es in zwei bis vier Minuten. Alle Sensoren verbinden sich selbstständig untereinander und mit dem Gateway zu einem eigenständigen Mesh-Netzwerk.
Viele Millionen Stück könnten in nur einem Netzwerk verwaltet werden. Mit enormen Vorteilen für die Kunden: keine Kabel ziehen, keine aufwendige Konfiguration, sondern Plug-and-play mit dem Handy. Die Daten sind kurz nach der Installation verfügbar. So lassen sich viele Maschinen und Anlagen unabhängig von ihrer Steuerung zuverlässig anbinden, ohne Hunderte Meter von Kabelkanälen und ohne technische Umbauten. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, die Schaeffler vor Ort gemeinsam mit dem Kunden eruiert, um andere Lösungen wie ProLink einzusetzen – ein kabelgebundenes System für bis zu 16 Messpunkte, das neben Vibrationen auch weitere Messgrößen erfasst und auswertet.
Beispiele aus der Schaeffler-Welt
Branche: Zementherstellung
Finnsementti, ein Zementhersteller aus Finnland, entschied sich bei der Suche nach einer Condition-Monitoring-Lösung für Schaeffler OPTIME.
Branche: Trinkwassergewinnung
Ein Schaeffler-Kunde klärt täglich bis zu 200 Millionen Liter Wasser. Es wird gefiltert, chloriert, ozonisiert und biologisch aktiviert. Gesucht wurde nach einem intelligenten Condition-Monitoring-System, um Ausfälle der 15 Pumpstationen zu verhindern. Die Schaeffler-Lösung überwacht die wichtigsten Aggregate mit 84 Sensoren und unterstützt so die zuverlässige Wasserversorgung der Region.
Branche: Gebäudetechnik
Unterstützt von Schaeffler wechselte Engie Cofely, ein großer europäischer Gebäudemanagement-Dienstleister (3.000 Mitarbeiter), zunächst in eigenen Gebäuden von einer dezentralen, temporären Überwachung zu einem permanenten Condition Monitoring mit zentraler Leitstelle. Routine-Rundgänge mit langen Wegstrecken von Gebäude zu Gebäude zu den kritischen Aggregaten sind nicht mehr nötig. In Kundengebäuden eingesetzt, könnten so jährlich mehrere Millionen Euro eingespart werden.
Branche: Holzverarbeitung
Rund 240.000 Kubikmeter Schnittholz pro Jahr stellt das Sägewerk Norra Timber im schwedischen Kåge her. Damit sich das Geschäft gut rechnet, müssen vor allem die Sägen ohne Unterbrechung laufen. Ein ungeplanter Stillstand kostet schnell mehrere Tausend Euro. Umso erfreulicher, dass es seit dem Einsatz einer Condition-Monitoring-Lösung von Schaeffler zu keinem einzigen unerwarteten Ausfall mehr gekommen ist.
Im „Monitoringfieber“
Mit OPTIME setzt Schaeffler auf Skalierbarkeit: So kann das Monitoring beispielhaft umgesetzt und die Wirtschaftlichkeit im Betrieb nachgewiesen werden. Davon ausgehend lässt sich der Ansatz skalieren und auf den ganzen Betrieb oder sogar standortübergreifend ausrollen. Rauli Hantikainen erzählt von einem Kunden, der ursprünglich 150 Sensoren installieren wollte. Nachdem die Installation der Sensoren sich als so einfach und unkompliziert entpuppte, wurden es in drei Tagen doch gleich 300 Sensoren. In dem Betrieb war das „Monitoringfieber“ ausgebrochen. Schon am vierten Tag wurde ein drohender Stillstand verhindert, weil die Fehlerquellen schnell identifiziert und nachhaltig behoben werden konnten. „Das Condition Monitoring erkennt bereits Wochen vorher Schäden an den jeweiligen Komponenten, zeigt die kritischen Maschinen priorisiert in der App an und gibt konkrete Handlungsempfehlungen aus“, erläutert Dr. Philipp Jussen, Head of SaaS & Digital Services bei Schaeffler. Die recycelbaren Einweg-Sensoren mit einer Batterielebensdauer von circa fünf Jahren liefern dazu sechsmal am Tag Vibrations- und Temperaturdaten sowie andere wichtige Kennzahlen der Aggregate, sogenannte Key Performance Indicators (KPIs), an den Schaeffler-IoT-Hub.
In der Cloud erfolgt die Datenanalyse. „Unsere Algorithmen basieren auf über Jahrzehnte hinweg entwickelten physikalischen Modellen und Erfahrungen aus der Zustandsüberwachung von Wälzlagern“, ergänzt Jussen. „Das reine Sammeln von Daten reicht nicht aus. Entscheidend ist, wie die Daten interpretiert werden. Dafür braucht es die geeigneten Algorithmen.“ Schon jetzt sind viele Algorithmen unterschiedlicher Art zu einer komplexen Analytik miteinander verknüpft, darunter auch künstliche Intelligenz. Diese Analytik entwickelt Schaeffler kontinuierlich weiter. Schließlich soll die Anwendung den Job der Instandhalter einfacher machen, um Wartungsmaßnahmen, Personaleinsatz und Ersatzteilbeschaffung rechtzeitig und kosteneffizient zu planen. „Dem Einsatz sind kaum Grenzen gesetzt. Condition Monitoring lässt sich auch außerhalb von Produktionshallen einsetzen: in der Chemieindustrie, für Windkraftanlagen, auf Ölbohrplattformen“, sagt Hantikainen. „Und selbstverständlich kommen die Systeme an den Schaeffler-Produktionsstandorten zum Zuge. Wir bieten nur das an, was wir selbst einsetzen.“
Condition-Monitoring-Lösung von Schaeffler
Das innovative System OPTIME besteht neben den Sensoren (1) aus einem Gateway (2) und einer App (3) zur Ergebnisvisualisierung. Die Zustandsüberwachung ist dank Plug-and-work mit ein paar Klicks in wenigen Minuten konfiguriert und eignet sich zur frühzeitigen Erkennung von Schädigungen an verschiedensten Maschinen. Die kabellosen Schwingungssensoren kommunizieren in einem eigenständigen und sehr energieeffizienten Mesh-Netzwerk. Die Analyseergebnisse werden leicht verständlich und für die Nutzergruppen in unterschiedlichen Ansichten dargestellt.