Geisterjäger in Eiseskälte
Neutrinos durchströmen das Weltall in Lichtgeschwindigkeit. In jeder Sekunde, in der Sie diesen Text lesen, schießen die ultrahochenergetischen, astrophysikalischen Elementarteilchen auch durch Ihren Körper – und zwar Billionen davon. Und weil Neutrinos mit so gut wie nichts anderem interagieren und ihre Masse gegen null geht, lassen sie sich durch (fast) nichts und niemanden aufhalten. Selbst durch unseren Planeten Erde bewegen sie sich weitgehend verlustfrei hindurch. Neutrinos entstehen auf verschiedene Weise, zum Beispiel bei Kernreaktionen in der Sonne. Manche sollen bereits seit dem Urknall auf Reisen sein. Nach den Photonen sind Neutrinos die zweithäufigsten Elementarteilchen im Universum. Der aktuelle Stand der Wissenschaft unterscheidet zwischen drei unterschiedlichen Arten: Elektronen-Neutrinos, Myon-Neutrinos und Tau-Neutrinos.
Wissenschaftler sind so wild hinter den Geisterteilchen hinterher, weil sie die Existenz des Kosmos und des Daseins selbst erklären helfen. Einen anderen Ansatz verfolgten Forscher der US-Universitäten Rochester und North Carolina: Ihnen gelang es 2012 erstmals, eine Nachricht mithilfe von Neutrinos durch feste Materie zu senden. Ein Protonenbeschleuniger erzeugte einen Neutrinostrahl, der 100 Meter unter der Erde von einem Neutrinodetektor erfasst wurde.
Forschungsstandort Eiswüste: Lebens- und lagerfeindlich
Aber kommen wir zum Schaeffler-Beitrag an der Neutrino-Forschung. Dafür begeben wir uns in die Antarktis, genauer gesagt an die Moore’s Bay im Ross-Schelfeis zum multinationalen ARIANNA-Projekt (Antarctic Ross Ice-Shelf Antenna Neutrino Array). Dort finden die Forscher eine seltene Konstellation vor: Sonaruntersuchungen haben gezeigt, dass der fast 600 Meter dicke Eispanzer mit einer ebenen Fläche auf der darunter liegenden Wasseroberfläche aufliegt, die dadurch wie ein riesiger Spiegel wirkt. Die durch die Neutrinos im Eis hinterlassene Photonenstrahlung wird so an Detektoren an der Eisoberfläche reflektiert – auswertbare „Geisterspuren“.
Die Stromversorgung der Neutrino-Detektoren des Projekts erfolgt im jetzt beginnenden dunklen antarktischen Winter durch Windturbinen. Temperaturen von bis zu –50 °C stellen höchste Anforderungen an die Lager der Windturbinen. Weil der Wind nur schwach weht, müssen die Lager aber nicht nur extremen Temperaturen trotzen, sondern auch sehr reibungsarm laufen. Schaeffler setzt dafür – basierend auf seinem umfassenden Know-how und seiner langjährigen Erfahrung mit Sonderlagern – auf spezielle Rillenkugellager mit Keramikkugeln. Diese kommen ohne Öl oder Fett aus und verfügen über eine spezielle Abdichtung. Und tatsächlich: Die Konstruktion hat sich als sehr robust erwiesen, die Windturbinen halten souverän den rauen Umgebungsbedingungen stand und versorgen die Detektoren zuverlässig mit Strom.
„Wir sind sehr zufrieden mit der Unterstützung und dem Equipment von Schaeffler. Ohne dieses spezielle Leichtlauflager von Schaeffler wäre das Projekt nicht möglich gewesen und die Zusammenarbeit hat wesentlich zum Forschungserfolg beigetragen“, sagt Prof. Hans Bernhoff. Der Forscher von der Universität Uppsala (Schweden) ist für die Energieversorgung durch die Windturbinen zuständig.
„Die Zusammenarbeit hat wesentlich zum Forschungserfolg beigetragen"
Prof. Hans Bernhoff, Universität Uppsala (Schweden)
Schon im Sommer 2022 geht die Forschung an einem noch kälteren Ort in der Antarktis weiter. Dort fällt das Thermometer auf bis zu –65 °C. Der Wind weht dort unregelmäßiger und zeitweise noch schwächer als zuvor. Daher werden die Turbinen größer. Benötigt werden also größere Lager, die bei nochmals tieferen Temperaturen noch reibungsärmer und genauso zuverlässig funktionieren. Auch dafür wird Schaeffler die richtige Lagerlösung liefern. „Wir sind stolz darauf, Teil dieser wichtigen Forschung zu sein, die deutlich zeigt, dass unsere Produkte so konstruiert sind, dass sie selbst höchsten Anforderungen gerecht werden,“ sagt Erik Askensjö, Geschäftsführer von Schaeffler Schweden.