Kinderaugen blicken in die Zukunft

Von Björn Carstens
Kinder von heute sind die Pioniere von morgen. Ihre Sicht auf die technologische Zukunft ist geprägt von Neugierde, Kreativität und einem natürlichen Verständnis für die digitalen Welten, die sich vor ihren Augen entfalten. Während sich die Erwachsenen bemühen, die rasanten Entwicklungen in den Bereichen künstliche Intelligenz, virtuelle Realität und robotergesteuerte Prozesse zu verstehen, wirft „tomorrow“ einen Blick darauf, wie die jüngste Generation in die Zukunft blickt. Wir haben Kinder in verschiedenen Regionen der Welt gefragt, welche Erfindung ihnen noch fehlt.
© Zinkevych/iStock
Kinderaugen blicken in die Zukunft
Mia© Privat
„Es wird Geräte geben, die ich mit meinen Gedanken kontrollieren kann“

So sieht Mia die Zukunft
„Wolken gibt es in verschiedenen Farben und die Umwelt und der Himmel werden so sauber sein, dass das Sternbild Pegasus immer zu sehen ist. Außerdem werden uns freundliche Roboter helfen. Und es wird Geräte geben, die ich mit meinen Gedanken kontrollieren kann.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Forschenden in Australien ist es gelungen, eine Mensch-Maschine-Schnittstelle (Human Machine Interface) zu entwickeln, die es Menschen ermöglicht, Maschinen mit Gedankenkraft zu steuern. In einem Versuch wurde so ein Roboterhund „zum Leben“ erweckt. Spannend ist auch ein Projekt in Schweden: Dort lebt eine Frau bereits seit drei Jahren mit einer bionischen Handprothese, die über ein Human Machine Interface mit Muskeln und Nerven verbunden ist. Die Patientin kann die künstlich Hand damit genauso steuern wie die eigene, inklusive jeden einzelnen der fünf Finger. Die Mensch-Maschine-Schnittstelle könnte also tatsächlich eher Lebenswirklichkeit werden als eine komplett saubere Umwelt.

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Maria© Privat
„Menschen werden sich durch die Welt beamen“

So sieht Maria die Zukunft
„Die Welt wird voller Dinge sein, die mit künstlicher Intelligenz ­funktionieren. Wir werden viele Roboter haben, und auch Hologramme helfen uns. Menschen werden sich durch die Welt beamen.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Nach den bekannten Gesetzen der Physik gibt es keine Möglichkeit, Teleportationen – Star-Trek-Fans würden vom Beamen sprechen – zu realisieren. Aber: Kanadische Forschende haben es geschafft, das Hologramm eines Menschen in Echtzeit zu teleportieren. Auch die NASA hat schon Astronauten dreidimensional ins All geschickt. Dass diese immer realer wirkenden Visualisierungen nicht nur einen hohen Unterhaltungswert haben, sondern auch einen großen Nutzen mit sich bringen könnten, zeigt ein Blick auf die ­medizinische Forschung. Dort arbeitet man sozusagen am Röntgenbild 4.0 in Form dreidimensionaler Scans, die ­hochpräzise Behandlungsansätze ermöglichen.

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Julius© Privat
„Jemand wird einen Tiersprachenübersetzer erfinden“

So sieht Julius die Zukunft
„Wir werden in Raumschiffen durchs All fliegen, die an einem Mutterschiff andocken können. Außerdem dürfen mehr Bürger und auch Kinder in der Politik mitbestimmen. Handys sind nicht mehr so wichtig, es wird stattdessen Brillen mit Bildschirmen geben, die vernetzt sind. Und jemand wird einen Tiersprachenübersetzer erfinden. Tiere haben dann die gleichen Rechte wie Menschen.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
KI-Programme sind gegenwärtig schon in der Lage, Tiersprachen zu erlernen, indem sie anhand von riesigen Datenmengen komplexe Muster erkennen. So kann KI die niederfrequente Sprache von Elefanten entschlüsseln. Ähnliche Fortschritte gibt es bei der Klickkommunikation von Pottwalen. Darüber hinaus hat ein deutsches Team einen Roboter programmiert, der den Schwänzeltanz von Bienen imitieren soll. Der Robobee soll die Insekten zu einem bestimmten Flugverhalten animieren. Und auch Julius’ Wunsch nach Datenbrillen könnte Realität werden, noch erinnern die Hightech-Gadgets verschiedener Techgrößen allerdings eher an zu klobig geratene Sehhilfen.

Kinderaugen blicken in die Zukunft© Privat
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Addison© Privat
„Fahrzeuge, mit denen man schneller zur Schule kommt“

So sieht Addison die Zukunft
„Es wäre toll, wenn es Fahrzeuge gibt, mit denen man schneller zur Arbeit oder zur Schule kommt.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Wenn es in naher Zukunft fliegende Autos und Luft-Taxis gibt, warum nicht auch fliegende Schulbusse? Die meisten aktuellen eVOTL-Projekte (electric Vertical Take-Off and Landing) sind zwar auf maximal vier Passagiere ausgelegt, aber die europäische Luftfahrtbehörde EASA will mittelfristig Multikopter für bis zu neun Passagiere zulassen. Gerade auch für den Schülerverkehr im ländlichen Raum entwickeln sich dadurch neue Perspektiven. Und auch für die Idee, in nur einer Stunde von Berlin an eine Pariser Uni zu flitzen, zeichnen sich Möglichkeiten am Technologiehorizont ab: in Form der Hyperloop-Highspeedzüge, die in Schallgeschwindigkeit durch Vakuumröhren rasen. Aktuelle arbeiten mehrere Projektentwickler an der Umsetzung der visionären Idee, die das interurbane Pendeln in Addisons Sinne revolutionieren könnte.

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Maia© Privat
„Ein Himmel, der nicht verschmutzt ist“

So sieht Maia die Zukunft
„In der Zukunft helfen uns intelligente Roboter bei schwierigen und gefährlichen Arbeiten. Außerdem werden wir einen Himmel haben, der nicht verschmutzt ist. Autos, die die Farbe wechseln können, fliegen durch die Luft.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Schon heute gibt es Roboter, die Bomben entschärfen und ­schwere Gegenstände umherwuchten. Der technologische Fortschritt stattet die mechanischen Helfer mit immer neuen Fähigkeiten aus. Jüngst baute ein Roboter-Bagger völlig eigenständig eine Wand aus Findlingen auf – eine ebenso gefährliche wie kräftezehrende Arbeit, die dazu noch visuell wie handwerklich hochkomplex ist. Auch Maias Wunsch vom fliegenden Auto wird wohl sehr bald Realität: In Form elektrischer Flugtaxis, die auf kleinstem Raum starten und landen können. Der Anbieter Volocopter will 2024 bei den Olympischen Spielen in Paris solche Lufttransporte durchführen. Und auch andere Anbieter stehen in den Startlöchern – und warten dringend auf Behördenfreigaben. Diese fliegenden Autos könnten sogar die Farbe wechseln, zumindest hat BMW Anfang des Jahres Prototypen vorgestellt, deren Karosserie wie ein Chamäleon zwischen 32 Farben wechseln kann. E-Ink heißt die Technologie.

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Azaria© Privat
„Keine roten Ampeln und Stoppschilder“

So sieht Azaria die Zukunft
„Eine Erfindung, die noch fehlt, sind schnelle Flugautos. Das wäre ­großartig für Menschen, die in ein paar Sekunden an einen anderen Ort kommen müssen. Es wird dann keine roten Ampeln oder ­Stoppschilder mehr geben.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Wie so viele Kinder hegt auch Azaria den alten Menschheitstraum des fliegenden Fortbewegens. Interessant ist einer ihrer Beweggründe dafür: keine Stoppschilder und rote Ampeln. Dafür muss Azaria allerdings gar nicht in die Zukunft schauen, sondern beispielsweise in die norddeutsche Kleinstadt Bohmte, in der das Shared-Space-Konzept flächendeckend umgesetzt wird. Das heißt, dass sich alle Teilnehmer den Verkehrsraum gleichberechtigt und achtsam teilen. ­Vorfahrtsregelnde Schilder und Ampeln werden so überflüssig. Ganz in Azarias Sinn sind auch vernetzte Verkehrssysteme, in denen sich Fahrzeuge in der Zukunft untereinander austauschen oder mit Ampeln in Kontakt stehen, sodass sich der Verkehr quasi von allein regelt und Staus auch auf der Straße der Vergangenheit angehören. Aber um schnell von A nach B zu kommen, wie es sich Azaria wünscht, dazu müssen die Orte auch in absehbarer Zukunft noch sehr dicht beieinander liegen.

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Emil© Privat
„Roboter, die mein Zimmer aufräumen“

So sieht Emil die Zukunft
„Für die meisten Arbeiten gibt es Roboter, damit die Menschen dann tun können, was sie lieber möchten. Es wird intelligente Roboter geben, die all unsere Wünsche erfüllen können – auch mein Zimmer aufräumen.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Das wird Emil gerne lesen: Der Markt für digitale Haushaltshilfen wächst schon heute rasant. Die International Federation of Robotics beziffert das Umsatzpotenzial im Jahr 2024 auf mehr als 10 Milliarden Dollar. Schon heute gibt es neben Saug-, Wisch- und Mährobotern bereits automatisierte Köche, Servierkräfte und sogar Barkeeper. Erdballumspannend arbeiten Wirtschaft und Wissenschaft an weiteren Robotern, die Emil und uns allen nervige Tätigkeiten wie Geschirrspülmaschine ein- und ausräumen, Wäsche waschen oder eben auch Kinderzimmer aufräumen abnehmen können. Wichtig dabei: sensible Roboterhände und feinsinnige Sensoren, die im Zusammenspiel mit neuronalen Netzen genau abschätzen können, welche Dinge wie fest angepackt und wohin abgelegt werden dürfen. Denn wenn der Aufräumroboter Emils Lego-Kran zertrümmert, dann werden die beiden sicherlich nicht die besten Freunde.

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Evelyn© Privat
„Auf dem Mond leben“

So sieht Evelyn die Zukunft
„Die Welt wird eigentlich gleich aussehen, aber wir werden versuchen, auf dem Mond zu leben, und dort wird es Aliens geben.“
Wunsch und Wahrscheinlichkeit
Die Artemis-Mission soll dazu führen, dass erstmals seit mehr als 50 Jahren wieder Menschen den Mond betreten. „Wir werden Menschen auf die Mondoberfläche schicken und sie werden dort leben und wissenschaftlich arbeiten“, wird NASA-Manager Howard Hu zitiert. Und der Mond ist nur eine Zwischenstation. Das eigentliche Ziel ist eine Weltraumstadt auf dem Mars. NASA-Experte Claas Olthoff sagt dazu: „Der Mars ist der erdähnlichste Planet in unserem Sonnensystem und unser direkter Nachbar.“ Das macht ihn zu einem sehr interessanten Ziel auf der Suche nach Leben. Und auch Evelyns Wunsch, einem Alien zu begegnen, ist weniger abwegig, als man vielleicht denkt. 10.000 außerirdische Zivilisationen könnte es theoretisch allein in unserer Galaxie, der Milchstraße, geben. Das behauptet zumindest Astronom Seth Shostak vom SETI-Institut in Kalifornien.

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