Neue Wege durch die Stadt

Von Fritz Vorholz
Die Urbanisierung ist ein weltweiter Megatrend. Doch so unwiderstehlich die Anziehungskraft der Metropolen ist, das Zusammenleben auf engem Raum bringt gesellschaftliche Herausforderungen mit sich. Einige der größten kreisen um den Transport von Personen und Waren. Ein paar Beispiele.
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Herausforderung: Neue Strategien

Seit Beginn der Industrialisierung zieht es Menschen in Städte. Viele fanden dort Arbeit, wohnten aber in erbärmlichen Behausungen, atmeten Industrieluft, bekamen Grün kaum zu sehen. Einflussreiche Stadtplaner und Architekten steuerten dagegen, mit der 1933 aufgelegten „Charta von Athen“. Ihre Idee: Wohnen, Arbeiten und Freizeit räumlich trennen. Um die Funktionsbereiche zu verbinden, entstand das Konzept der autogerechten Stadt – mit Verkehrsachsen bis hin zu Autobahnen. Die Folgen: Abgase, Lärm – und die Beanspruchung von immer mehr öffentlichem Raum durch Autos. Zeit für eine Verkehrswende: 2020 einigten sich die für Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Minister der EU auf die „Neue Leipzig-Charta“. Darin heißt es, städtische Mobilitätssysteme sollten „multimodal“ sein, mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, zu Fuß gehen oder Rad fahren. „Stadt der kurzen Wege“, heißt fortan die Devise. Einige Städte machen bereits Ernst damit: Darunter Portland und Houston in den USA, Bogotá in Kolumbien, Melbourne in Australien, Shanghai in China sowie die europäischen Metropolen Barcelona und Paris. Es hat sich dafür der Begriff 15-Minuten-Stadt eingebürgert: Bewohnerinnen und Bewohner sollen innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad die wichtigsten Anlaufstellen des Alltags erreichen können. Nicht alles, aber vieles soll praktisch „ums Eck“ sein.

70 Prozent

der weltweit emittierten Treibhausgase stammen schon heute aus Städten, ein Drittel davon stammt von Verkehrsmitteln, die heute nahezu ausschließlich von Motoren angetrieben werden, in denen fossile Energieträger verbrennen.

Herausforderung: Grüner werden

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Der städtische Verkehr trägt nicht nur maßgeblich zum Klimawandel bei, Städte sind auch von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen. Sie müssen nicht nur rasch emissionsarm werden, sondern sich auch an den bereits unvermeidlichen Klimawandel anpassen. Starkregen und Hitzewellen sind die Bedrohungen. Regenwasser kann auf Dächern, Straßen und Plätzen nicht versickern und fließt stattdessen in die Kanalisation, die bei Starkregen schnell überfordert ist; das Ergebnis sind überflutete Straßen und vollgelaufene Keller. Obendrein macht der Temperaturanstieg Städte zu Wärmeinseln, im Vergleich zu umliegenden Regionen kann die „Überwärmung“ bei sechs bis acht Grad liegen. Ein Grund dafür: Gebäude und Straßen nehmen die Sonnenstrahlen auf, speichern die Energie und geben die Wärme wieder ab. Linderung versprechen grüne und blaue Infrastrukturen: Baum- und Buschpflanzungen, dazu Teiche, Seen, Kanäle. Den Platz für all das gewinnen Stadtplaner vor allem durch die Umnutzung von Straßenverkehrsfläche. 

80 Prozent

seines benötigten Gemüses kann eine Stadt wie Berlin laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung selbst anbauen, wenn dafür neben bestehenden Grünflächen auch Flachdächer sowie Parkplätze und andere Verkehrsflächen genutzt würden.

Herausforderung: Wirtschaftliche und soziale Teilhabe

Chinesische Forscher haben das urbane Wachstum am Perl­fluss-Delta mit den schnell gewachsenen Millionenstädten Guangzhou, Shenzen und Zhu­hai untersucht. Sie wollten herausfinden, wie sich die Qualität des Verkehrsnetzes auf die wirtschaftliche Entwicklung von Ballungsräumen auswirkt. Das 2022 veröffentlichte Ergebnis bestätigt: Prosperierende Gebiete können die wirtschaftliche Entwicklung der umliegenden Randzonen fördern, wenn leistungsstarke Verkehrsachsen den Fluss von Waren und Arbeitskräften beschleunigen. 

Laut dem „World Cities Report 2022“ der Vereinten ­Nationen wachsen Städte gerade in ärmeren Ländern massiv, bis 2050 mit einer Rate von 65 Prozent im Vergleich zu einem nur zwölfprozentigen Wachstum in Ländern mit eher mittleren und höheren Einkommen. Vor allem in Afrika vollziehen sich Urbanisierungsprozesse mit einer auch auf anderen Kontinenten noch nie dagewesenen Geschwindigkeit. Dieses Wachstum erfolgt ungesteuert und meist in der Fläche, was einen hohen Mobilitätsbedarf verursacht. Doch öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), der eine bezahlbare Fortbewegung und damit einen wirtschaftlichen Aufstieg ermöglichen könnte, ist gerade dort Mangelware, weil es an finanziellen Möglichkeiten fehlt. Kein Geld, kein ÖPNV. Kein ÖPNV, keine bezahlbare Massenmobilität. Oft sind private Sammeltaxis die einzige Möglichkeit, in Metropolen des Globalen Südens längere Strecken zurückzulegen. Dafür fehlen aber vielen Menschen die Mittel. Wer 20 bis 50 Prozent seines Einkommens für den Weg zur Arbeit ausgeben muss, was im Globalen Süden auf nennenswerte Teile der Bevölkerung zutrifft, kann sich den Weg zum Job irgendwann nicht mehr leisten und rutscht weiter in die Armut ab.

66 Prozent

des urbanen Raums, über den Afrika im Jahr 2050 verfügen wird, existiert laut Prognose des Reports „Africa’s Urbanisation Dynamics 2022“ heute noch gar nicht.

Herausforderung: Finanzierung

Einen leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr muss eine Metropolregion nicht nur wollen, sondern sich auch leisten können. In Deutschland beispielsweise decken die Einnahmen des ÖPNV nur rund 75 Prozent der Kosten. Gewinne lassen sich ohnehin nicht erzielen, oder nur auf Kosten von Zuverlässigkeit, Taktung und Sicherheit. Ohne staatlich gelenkte Zuschüsse wird ein leistungsstarker ÖPNV nicht zu betreiben sein, so das Fazit einer weltweiten Studie der britischen University of Greenwich. 

Doch wie sollen Städte ihre ÖPNV-Töpfe füllen? Da gibt es einige Ideen: London beispielsweise investiert Einnahmen aus der 2003 eingeführten Pkw-City-Maut in den ÖPNV; mittlerweile ergänzen zusätzliche Emissionsabgaben die Einnahmen. Bußgelder, Parkgebühren, Kfz- und Mineralölsteuern oder auch CO2-Abgaben lassen sich ebenfalls als Quellen zur ÖPNV-Finanzierung nutzen. Städte wie Mumbai, New York, Osaka und Barcelona beteiligen Immobilienbesitzer und Grundstückseigentümer an den Kosten. In Brasilien muss jeder Arbeitgeber mit mehr als zehn Mitarbeitern einen Pro-Kopf-Obolus in einen ÖPNV-Topf einzahlen. Dieses Modell folgt einer Empfehlung der Weltbank. Sie lautet: „Wer profitiert, muss zahlen.“ Das gilt sowohl für Fahrgäste, die dies mit ihren Ticketpreisen tun, als auch für indirekte Nutznießer wie Geschäfte, Veranstalter oder eben auch Arbeitgeber. Da der Staat durch den gesellschaftlichen Nutzen eines funktionierenden ÖPNV ebenfalls profitiert, ist ein Beitrag aus der Steuerkasse ebenso gerechtfertigt.

Herausforderung: Geschlechtergerechtigkeit

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Frauen sind in Städten anders unterwegs als Männer. Männer fahren in der Regel morgens zur Arbeit und abends wieder zurück. Die Wegeketten von Frauen sind komplexer. Sie erledigen auf dem Arbeitsweg Einkäufe, bringen Kinder zur ­Schule oder Angehörige zu Ärzten. Sie gehen öfter zu Fuß und nutzen öffentliche Verkehrs­mittel häufiger als Männer. Das geht aus einer international vergleichenden Untersuchung des dänischen Beratungsunternehmens Ramboll hervor. Doch bei der Planung der aktuellen Verkehrsinfrastruktur hatte die „Ernährer­mobilität“ Vorrang, also der Arbeitsweg der Männer. Und damit auch die Straße. 

Aber nicht nur der Mangel an passenden Mobilitätsangeboten schränkt die Bewegungsmöglichkeiten von Frauen und damit ihre gesellschaftliche Teilhabe ein. Auch das Thema Sicherheit spielt eine Rolle. Sowohl beim Zufußgehen als auch bei der Nutzung von Bussen und Bahnen fürchten Frauen Übergriffe, vor allem nachts haben sie Angst vor sexueller Belästigung und vor Überfällen. In Lateinamerika sind sechs von zehn Frauen bereits physisch attackiert worden. Auch in Deutschland fühlt sich laut einer Studie des Bundeskriminalamtes nur etwa jede dritte Frau nachts im öffentlichen Nahverkehr sicher; mehr als jede zweite Frau meidet deshalb nachts Busse und Bahnen.

Herausforderung: Lieferverkehr

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2003 führte das staugeplagte London als erste westliche Metropole eine City-Maut ein. 20 Jahre später steht London dennoch an der Spitze des globalen Stau-Rankings des Forschungsinstituts Inrix. Wie das? Neben den rund 15.000 klassischen London-Taxis überfluten mehr als 80.000 Autos privater Chauffeurdienste wie Uber die Straßen. Der entscheidende Staufaktor sind aber Lieferdienste. In London ebenso wie in anderen Städten der Welt. Schätzungen zufolge nimmt die Zahl der Lieferfahrzeuge in den 100 größten Städten weltweit bis 2030 um 36 Prozent zu. 

Im Zentrum möglicher Gegenmaßnahmen steht der Gedanke, Liefervorgänge zu bündeln. Dies kann in Cityterminals geschehen, größeren Umschlagflächen, möglichst mit Gleisanschluss. Notwendig sind aber auch Mikrodepots, kleine Umschlagflächen zum Beispiel in leerstehenden Ladenlokalen, in denen Waren für den ­Weitertransport auf der letzten Meile gesammelt werden. Mit Lastenfahrrädern lässt sich der ­finale Bestimmungsort dann umwelt- und platzschonend erreichen.

Womöglich werden in Zukunft für den Transport auf der letzten Meile auch Drohnen eingesetzt. Der Vorteil: Sie müssen nicht mit landgebundenen Hindernissen kämpfen – und ein schnellerer Zustellprozesse verspricht Kosteneinsparungen. Schätzungen zufolge sind rund 80 Prozent aller inländischen Paketsendungen theoretisch für den Lufttransport mit Drohnen geeignet. 

4,8 Mrd.

Kilometer legen die Lieferfahrzeuge pro Jahr zurück, die auf dem fast 15.000 Kilometer langen Straßennetz von  London unterwegs sind.

Herausforderung: Elektrifizierung

Der motorisierte Individualverkehr wird auch in der urbanen Mobilität der Zukunft seinen Platz haben. Angesichts des Klimawandels aber nur, wenn private Pkw weder Schadstoffe noch Treibhaus­gase emittieren, genauso wie ­Sharingfahrzeuge, Busse und ­Lieferfahrzeuge. Dass der weltweite Absatz von E-Autos im Jahr 2022 um rund 60 Prozent gestiegen ist, stimmt optimistisch. Aber auch E-Autos sind kein Allheilmittel. Auch sie verstopfen die Straßen, auch sie beanspruchen Platz beim Parken.

Die Elektromobilität nimmt auch in vielen Ländern und Metropolen des Südens Fahrt auf – allerdings eher auf zwei oder drei Rädern. Mopeds, Motorräder und dreirädrige Tuk Tuks haben bei der wirtschaftlichen Entwicklung vieler asiatischer Ballungsräume eine wichtige Rolle gespielt. Traditionell sind sie mit Verbrennungsmotoren ausgestattet, doch seit einiger Zeit sind auch elektrische Varianten verfügbar. Mit einem Anteil an den Neuzulassungen von mehr als 56 Prozent sind im Mai 2022 in Indien erstmals mehr elektrische Threewheeler verkauft worden als solche mit Verbrennungsmotor. Der afrikanische Markt für solche Billiggefährte ist ebenfalls groß.

1.500 $

und damit ähnlich viel wie eine Verbrenner-Alternative kostet das in Kenia für den afrikanischen Markt entwickelte und gebaute E-Motorrad Roam Air.

Neue Wege durch die Stadt© Roam
Herausforderung: Bürger mitnehmen

Der Ruf nach Flächengerechtigkeit gefährdet Privilegien für das eigene Auto, das ruft Widerstände hervor. „Das Automobil ist wichtig als Bestandteil gesellschaftlicher Teilhabe“, sagt der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier. Daher die Verlustangst. Trotzdem belegten bei einer (nicht repräsentativen) Befragung, bei der nach Beispielen guter Verkehrspolitik in europäischen Städten gefragt wurde, Kopenhagen, Wien und Zürich jeweils einen der ersten zehn Plätze. Und das, obwohl restriktives Parkraummanagement in allen drei Großstädten breite Anwendung findet, die städtische Verkehrspolitik dem ÖPNV und dem Fahrradverkehr Vorrang vor dem Individualverkehr einräumt. Im südkoreanischen Suwon stieg 2013 das erste EcoMobility World Festival: In einem Bezirk der Millionenstadt wurden einen Monat lang Verbrennungsmotoren von den Straßen verbannt. Anfänglich war der Widerstand groß. Doch dann sahen die Menschen auch die Vorteile: Gehwege wurden verbreitert, Blumenbeete wurden angelegt, es wurden Straßenlaternen errichtet und Spielmöglichkeiten für Kinder geschaffen. Shuttlebusse fuhren im 15-Minuten-Takt. Der Lärmpegel sank, die Lebensqualität stieg. Obwohl das Projekt als großer Erfolg gilt, scheiterte 2015 in Berlin die Umsetzung eines Parallelvorhabens. Es fehlte Akzeptanz. „Der autofreie Monat wurde nicht als Chance, sondern als Bedrohung gesehen“, heißt es in einer Broschüre des Umweltbundesamtes. Die Lehre daraus: Es ist schwierig, Stadtbewohnern etwas zu nehmen, ohne sie „mitzunehmen“ – ohne ihnen persönliche Vorteile in Aussicht zu stellen: bessere Rad- und Fußgängerwege, kürzere Takte im ÖPNV, mehr Ruhe, mehr Sicherheit. 

Herausforderung: Bahn vs. Bahn vs. Bahn

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1863 ließ London als weltweit erste Metropole Teile seines Verkehrs unter der Erde verschwinden: Das Mobilitätskonzept U-Bahn wurde ein Welterfolg. Allerdings ist es auch teuer – bis zu 300 Millionen Euro kostet ein U-Bahn-Kilometer. Deshalb und weil vielerorts der Untergrund ohnehin keine „Unterkellerung“ zulässt, erlebt ein anderer Klassiker auf Schienen eine Renaissance: Die Straßenbahn, das älteste öffentliche Verkehrsmittel, das bereits seit mehr als 140 Jahren sogar elektrisch unterwegs ist. Nachdem sie von vermeintlich besseren und moderneren Transportmitteln verdrängt wurde, vom Auto und von der U-Bahn, erlebt sie seit einiger Zeit einen zweiten Frühling, von Addis Abeba bis Wuhan. Vorreiter der Renaissance war Frankreich, wo in mehr als 20 Städten komplett neue Straßenbahnsysteme aufgebaut wurden. Die Wiederentdeckung der Tram kommt nicht von ungefähr: Straßenbahnen sind stadtverträglich und effizient. Sie haben eine hohe Transportkapazität, verursachen aber weniger Investitionskosten als U-Bahnen. Allerdings konkurriert die Tram mit Fußgängern, Autofahrern und Naturflächen um knappen öffentlichen Raum. Da kommt eine weitere Alternative für urbane ÖPNV-Systeme ins Spiel: Seilbahnen. Obwohl in jeder einzelnen Kabine nur wenige Menschen Platz haben, ermöglichen Seilbahnen aufgrund kurzer Taktfrequenzen hohe Beförderungsleistungen. Hindernisse lassen sich mit ihnen ohne großen baulichen Aufwand überwinden, die Investitionskosten pro Kilometer liegen auf dem Niveau einer Straßenbahn, die Personal- und Energiekosten sind niedriger. Dennoch sind sie im urbanen ÖPNV noch selten. Die meisten befinden sich in südamerikanischen Städten, in Caracas, Cali, Medellín und La Paz. Seilbahnbauer denken bereits über den reinen Schwebe­betrieb hinaus, der einen Nachteil hat: ­geringe Kurvengängigkeit. Einst sollen die Kabinen in einer Station an ein autonomes Fahrzeug weitergegeben werden können, das dann auf der Straße oder auf einer eigenen Trasse weiterfährt, auch um Kurven.

4,5 km

lang soll die Strecke der Pariser Seilbahn Câble 1 sein, die einen Vorort mit dem Metronetz verbindet und fünf Stationen anfährt. Transportkapazität: 1.600 Menschen pro Stunde. 2025 soll die Bahn in Betrieb gehen.

Herausforderung: Digitale Möglichkeiten nutzen

Tatsächlich führt an der Digitalisierung und Automatisierung des Verkehrs kein Weg vorbei. Teilautomatisiertes Fahren ist bereits Alltag. Doch automatisch parken, bremsen oder beschleunigen, das ist erst der Anfang. Was vor Kurzem noch wie Science-Fiction klang, wird in einigen Jahren den Straßenverkehr radikal verändern: autonomes Fahren. Der Mensch ist dann nur noch Mitfahrer. Autonome Fahrzeuge können den Verkehr sicherer machen – und schneller. Der Grund: Im fließenden Verkehr können die Abstände zwischen den Autos, die sogenannten Folgezeitlücken, mindestens halbiert werden, ebenso wie die Anfahrzeitlücken an Kreuzungen. Auf den Straßen können dann deutlich mehr Fahrzeuge fahren, ohne Staus zu verursachen. Forscher halten eine Kapazitätserhöhung um 40 Prozent für möglich. Dennoch werden autonome Fahrzeuge staugeplagte Städte wohl nur dann entlasten, wenn sie gemeinschaftlich genutzt werden; und wenn ihre Nutzung mit der Nutzung anderer Transportmittel ineinandergreift. Verkehrsexperten sind sich jedenfalls einig, dass das immer modularere Verkehrsangebot in Metropolen mit digitalen ­Technologien besser miteinander verknüpft werden muss – und kann. Systeme als Insellösung haben wenig Zukunft. Als Ideal gilt eine App, bei der der Nutzer Start und Ziel eingibt und umgehend den für die gewünschte Fahrt optimalen Mobilitätsmix angeboten bekommt, gegebenenfalls in Echtzeit aktualisiert. Auch die Abrechnung der genutzten Angebote erfolgt automatisch über die App.

 

Fritz Vorholz
Autor Fritz Vorholz
Der Berliner Journalist Fritz Vorholz schreibt seit über 30 Jahren, davon 27 Jahre als Redakteur der Wochenzeitung Die Zeit, über die Themengebiete Umwelt, Energie, Klima, natürliche Ressourcen. Im Sommer 2016 stieß er zur Initiative Agora Verkehrswende. Dort war er vier Jahre lang für die strategische Kommunikation zuständig. Seit 2020 arbeitet er als freier Autor und Berater in den weiten Feldern der „neuen Mobilität“.