Smarter leben
Zeitfresser digital bekämpfen
Digitaliserungsexperte Thorsten Jekel rät in seinem Buch „Digital Working für Manager“ dazu, sinnvolle technologische Helfer einzusetzen: Smarte Ablagesysteme – am besten in einer Cloud – verhindern Versionskonflikte beim Hin- und Hersenden von Dokumenten an einen größeren Verteiler. Ein weiterer Schritt ist, Zeitfresser zu eliminieren: Mit Adressmanagement, To-do-Listen und Terminkalender, die auf allen mobilen Geräten synchronisiert werden und auf die alle Teammitglieder Zugriff haben, lassen sich unnötige Mails und Nachfragen vermeiden und Meetings besser planen.
Die Aufschieberitis austricksen
Es gibt einen Fachbegriff für chronische Aufschieberitis: Prokrastination. Der Name dieser pathologischen Störung leitet sich vom lateinischen Wort crastinum ab, das auf Deutsch morgiger Tag bedeutet. Also besser gleich auf das hören, was schon Oma gepredigt hat: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Dabei helfen diese beiden Minuten-Regeln.
Die Zwei-Minuten-Regel rät, eine einfache Aufgabe, die in zwei Minuten erledigt werden kann, sofort und selbst in Angriff zu nehmen – beispielsweise eine Adresse in die Datenbank einzupflegen. Diese Aufgabe zu delegieren würde mehr Zeit benötigen als die sofortige Erledigung.
Die Zehn-Minuten-Regel richtet sich wiederum an alle, die gern unangenehme Arbeiten vor sich herschieben: Eine Aufgabe zu beginnen und sie zeitlich zu begrenzen und dann neu zu bewerten hilft gegen das dauernde Vertagen. Der Vorteil: Nach zehn Minuten hat man diese Aufgabe vielleicht schon erledigt oder zumindest einen Anfang gefunden, mit dem man motivierter weiterarbeiten kann.
Effektiv muss nicht effizient sein
Effektiv ist man, wenn das erzielte Ergebnis mit dem angestrebten Ergebnis deckungsgleich ist oder ihm zumindest sehr nahe kommt. Ein Beispiel: Will ich von A nach B kommen, ist ein Fußmarsch durchaus effektiv. Je nach Entfernung kann der zeitliche Aufwand dafür aber sehr groß sein. Effizienter ginge es mit einem Fahrzeug. Spielt nur der zeitliche Aufwand eine Rolle, wäre das schnellste Fahrzeug das effizienteste. Ist der finanzielle oder der energetische Aufwand entscheidender als der zeitliche, kann das Fahrrad die bessere Wahl sein. Effektiv wären hingegen alle Fahrzeuge.
Aufgaben priorisieren
Der ehemalige Weltkriegsgeneral und US-Präsident Dwight D. Eisenhower sortierte Aufgaben nach den Kriterien „wichtig“ und „dringend“ in vier Gruppen ein. A-Aufgaben (wichtig und dringend) erledigte er sofort. B-Aufgaben (wichtig, aber nicht dringend) terminierte er sich. C-Aufgaben (dringend, aber nicht wichtig) delegierte er. D-Aufgaben (weder wichtig noch dringend) ließ er auch schon mal unter den Tisch fallen. Die Eisenhower-Matrix funktioniert auch heute noch. Im Idealfall halbiert die Methode die eigene To-do-Liste im Handumdrehen.
Smart working heißt nicht noch mehr zu arbeiten, sondern die richtigen Dinge richtig zu tun und neue Technologien so einzusetzen, dass Arbeit wie von selbst läuft
Thorsten Jekel in seinem Buch
„Digital Working für Manager“
Mit Countdown motivieren
Startschwierigkeiten bei To-dos? Die Motivationstrainerin Mel Robbins rät dazu, sich mit einem kleinen Trick selbst zu überlisten. Einfach einen simplen Countdown herunterzählen: 5 … 4 … 3 … 2 … 1 … Der bei null ausgelöste psychologische Push-Moment kann durch eine physische Handlung wie den Griff zu einem Werkzeug oder das Anziehen der Sportschuhe gestärkt werden. Einfach mal ausprobieren!
Die 80/20-Regel – oder wann ist gut gut genug?
Manchmal lohnt es sich, sich zu fragen, wie viel Arbeit in das Projekt fließen soll, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Mit der Pareto-Methode (mit 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent des Ergebnisses erreichen) kann man auf jeden Fall Zeit sparen. Kleines Beispiel gefällig? Beim Streichen eines Zimmers sind die großflächigen Wände dank breiter Rollen und dicker Pinsel schnell gestrichen. In 30 Minuten sind 80 Prozent der Arbeit erledigt. Fehlt nur noch die saubere Kante und an manchen Stellen muss wegen fehlender Deckkraft nachgebessert werden – dieser Feinschliff dauert noch einmal zwei Stunden. Und dann verschwindet die Hälfte der Wand hinter einem Schrank. Die 80 Prozent Arbeit für die restlichen 20 Prozent hätte man sich sparen können. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Oder wollen Sie mit einer Fluggesellschaft fliegen, die ihre Maschinen nach diesem Prinzip wartet?
33 %
unserer Arbeitszeit – so schätzen Experten – gehen durch schlecht vorbereitete Meetings, Fluten unnützer E-Mails, schlecht organisierte Prozesse und Ablenkungen jeglicher Art verloren.
Das Leben entrümpeln
Ein ganz wichtiger Schritt für ein effizientes Leben: es zu entrümpeln. Der englische Begriff hierfür ist zum globalen Trendwort geworden: decluttering. Die Hohepriesterin aller Ausmister: die Japanerin Marie Kondo. Ihr Buch „Magic Cleaning“ hat sich weltweit millionenfach verkauft und ist in 30 Sprachen übersetzt worden. Die wichtigste Regel ihrer KonMari-Methode: Macht mich dieses Ding glücklich? Weil es nützlich ist, oder einfach nur, weil ich es schön finde. Wenn ja, darf es bleiben. Wenn nein, fliegt es raus. Könnte man – zumindest im Privaten – auch für Einträge im Terminkalender anwenden. Ersetzt man „glücklich machen“ durch „wichtig für die Arbeit“, kann diese Methode auch für den eigenen Schreibtisch oder das gesamte Büro angewendet werden.
Richtig lernen
Bereits im späten 19. Jahrhundert beschrieb der deutsche Psychologe Hermann Ebbinghaus Zusammenhänge zwischen Lernen und Behalten. Sein wichtigstes Ergebnis für effizientes Lernen: Wir können uns Dinge länger merken, wenn wir während des Lernens Pausen einlegen. Ebbinghausen sprach vom Spacing-Effekt. Obwohl man genau das Gegenteil erwartet, greift das Gehirn bei aufeinanderfolgenden Lernphasen immer wieder auf neue Nervenzellen zurück. Vergrößert man hingegen die Abstände zwischen den Lernphasen, werden bereits dafür genutzte Nervenzellen reaktiviert, die sich dadurch immer stärker vernetzen und so leistungsfähiger werden. Viele Neurowissenschaftler haben den Spacing-Effekt bestätigt, rätseln aber bis heute über die genauen Hintergründe, warum langsames Lernen das bessere Lernen ist.
Risiken richtig bewerten
Sie lassen sich oft durch die Angst vor Murphys Gesetz einbremsen („Alles was schiefgehen kann, wird schiefgehen“)? Dann versuchen Sie doch mal die Premortem-Methode. Auch Google-Mitarbeiter greifen darauf zurück. Vor neuen Projekten treffen sie sich gern zu einer „Brainstorming Session of Doom“. In lockerer Runde werden dabei mögliche Szenarien aufgezeigt, die einen erfolgreichen Projektabschluss be- oder verhindern können. Im Anschluss werden die Risiken abgeklopft: Welche sind unwahrscheinlich, welche relevanten können wie minimiert werden? Damit sind alle Dämonen benannt und spuken nicht mehr herum. Und selbst wenn Murphys Gesetz eintritt, ist man gewappnet und kann gegensteuern. Sprich: Selbst wenn man sich falsch entscheidet, bleibt ein Korrektiv, um Folgeschäden zu minimieren. Dieses Wissen lockert Entscheidungsblockaden.
Effizienter Arbeiten, mehr Freizeit:
Feldversuch in Island
Wie viel Potenzial darin schlummert, im Job keine Zeit und Arbeitskraft zu verschwenden, zeigt ein groß angelegter Versuch in Island: Zwischen 2015 und 2019 wurde bei mehr als 2.900 Angestellten im Öffentlichen Dienst die Arbeitszeit von 40 auf 35 oder 36 Stunden reduziert – bei gleicher Bezahlung. Die Ergebnisse waren durchweg positiv: Die Produktivität blieb gleich hoch oder stieg sogar an. Angestellte und Vorgesetzte berichteten über eine bessere Work-Life-Balance durch mehr Zeit für Familie und Hobbys. Durch zahlreiche Maßnahmen wurde gleichzeitig die kürzere Arbeitszeit kompensiert: Aufgaben wurden besser organisiert oder delegiert, Meetings kürzer und kompakter gestaltet oder gleich durch E-Mails ersetzt.
„Wir sollten diesen Weg fortsetzen, und ich glaube, der nächste Schritt besteht darin, die Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche zu reduzieren“, sagt die isländische Parlamentsabgeordnete Bjarkey Olsen Gunnarsdóttir mit Blick auf die Zukunft. Wie die isländische Regierung testeten auch verschiedene Firmen neue Arbeitszeitmodelle. Bei Microsoft in Japan beispielsweise stieg die Produktivität um rund 40 Prozent, nachdem der Konzern die Vier-Tage-Woche eingeführt hatte.