Wenn Computer leben lernen
Anders als klassische Computer, die auf Silizium-Chips und binären Rechenoperationen beruhen, setzt das Bio-Computing auf Moleküle, Zellen oder sogar ganze Gewebe, um „Rechenoperationen“ durchzuführen. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass biologische Systeme nicht nur eine enorme Speicherdichte und Energieeffizienz bieten, sondern auch Aufgaben, die für klassische Computer hochkomplex sind, wesentlich schneller lösen können.
Bio-Computing reicht von DNA-Rechnern über neuronale Mini-Gehirne bis hin zu bio-inspirierten Software-Algorithmen. Es ist ein Feld an der Schnittstelle von Biologie, Chemie, Informatik, Ingenieurwissenschaften und Physik. Dabei kann die Grenze zwischen „lebendig“ und „technisch“ schnell verwischen. Ziel ist es, die Prinzipien der Natur für IT-Prozesse nutzbar zu machen, sei es durch DNA, Proteine oder neuronale Netzwerke. Daraus lässt sich eine Reihe von interessanten Technologien ableiten.
„tomorrow“ stellt vier zukunftsweisende Bereiche vor: zelluläres Computing, Wetware-Computing, Hydrogele oder das zukunftsweisende Quanten-Bio-Computing.
Zell-Intelligenz statt Silizium
Mehr über zelluläres Computing
Der Ansatz des zellulären Computings verfolgt unter anderem den Gedanken, dass Rechenleistung nicht nur in Silizium-Chips, sondern auch in lebenden Zellen entstehen kann. So gelang es Forschern der Stanford University, eine Art „biologischen Transistor“ zu entwickeln, den sie „Transcriptor“ nennen. Dieses Bauteil besteht aus DNA/RNA und Proteinen und funktioniert in lebenden Zellen analog zu einem klassischen Transistor in der Elektronik. Ein weiteres Beispiel stammt von der Arizona State University. Dort haben Wissenschaftler RNA-Schaltkreise erzeugt, die innerhalb lebender Zellen Berechnungen wie beispielsweise Divisionen oder Wurzelziehen durchführen können, quasi durch Zellen als „lebende Rechner“.
Auf diese Weise lassen sich in einer Zelle logische Operationen durchführen, etwa Und-Oder-Gatter (AND/OR-Gates), und damit biologische Systeme zur Datenverarbeitung programmieren. Dies zeigt, wie das Konzept „Rechenleistung aus lebenden Zellen“ konkret Gestalt annimmt. Die Grundlage dafür bildet die synthetische Biologie, ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das die Grenzen zwischen Informatik, Gentechnik und Ingenieurwissenschaften verschwimmen lässt.
Wege zur lebendigen Technologie
Damit Bio-Computer biochemische Signale nutzen können, um logische Aufgaben auszuführen, bauen Forscher in das Erbgut von Bakterien künstliche genetische „Schaltkreise“ ein, die ähnlich funktionieren wie Hunderte von Millionen winziger Logikgatter, die in heutigen Standard-Prozessoren Null-/Eins-Entscheidungen treffen. Ein bestimmtes Molekül kann dabei den Schalter „eins“ aktivieren, ein anderes „null“, und in Kombination können daraus komplexe logische Prozesse entstehen.
Das Ergebnis ist demnach ein System, das nicht nur Informationen verarbeitet, sondern sich selbst vervielfältigen und reparieren kann. „Lebende Computer“ wachsen mit, wenn man sie mit Daten füttert und vor allem: Sie benötigen deutlich weniger Strom. Diese Fähigkeit macht sie zu einer der faszinierendsten Alternativen zum klassischen Computing, die auch noch massiv Energie spart.
Zelluläres Computing in der Anwendung
Während zelluläres Computing bislang meist mit bio-medizinischen Ansätzen assoziiert wird, beginnt sein eigentliches Potenzial erst dort, wo Industrie, Produktion und Bio-Technologie zusammentreffen. Denn Bakterien und andere Mikroorganismen, die als biologische Rechner programmiert werden können, eröffnen eine völlig neue Dimension von Automatisierung, Prozesssteuerung und Nachhaltigkeit. Insbesondere in der Materialforschung ermöglicht zelluläres Computing völlig neue Perspektiven.
Forscher arbeiten an sogenannten „intelligenten Materialien“, die über integrierte biologische Recheneinheiten beziehungsweise eingebettete Bio-Computer verfügen. Diese Materialien wären in der Lage, Umgebungsdaten zu erfassen, zu verarbeiten und darauf basierend Entscheidungen zu treffen. So könnten sie etwa Korrosionsprozesse erkennen, die Informationen intern „berechnen“ und anschließend gezielt Schutzmoleküle freisetzen. Auch „selbstheilende“ Werkstoffe sind denkbar. Mikrobielle Zellen fungieren darin als biologische Prozessoren, analysieren strukturelle Schäden und initiieren eigenständig Reparaturprozesse. Solche biohybriden Systeme könnten sowohl Wartungszyklen drastisch reduzieren als auch die Lebensdauer industrieller Komponenten erheblich verlängern.
Vision einer biointelligenten Industrie
Zelluläres Computing kann auch in Industrieanlagen zum Einsatz kommen, in denen Teile der Steuerung, Qualitätskontrolle und Produktentwicklung nicht mehr von Maschinen, sondern von mikrobiologischen Netzwerken übernommen werden. Forscher arbeiten an Konzepten für „mikrobielle Netzwerke“, bei denen verschiedene Zelltypen miteinander kommunizieren, um komplexe Aufgaben arbeitsteilig zu lösen.
Diese Idee, inspiriert von neuronalen Netzen, führt ferner zu einem „biologischen Cloud Computing, in dem jede Zelle als Knotenpunkt fungiert. Auf diese Weise könnte das zelluläre Computing die Grundlage einer völlig neuen industriellen Produktion liefern. Ferner könnte diese Form des biointelligenten Produktion nicht nur den Material- und Energieeinsatz senken, sondern auch die Grenzen zwischen Biologie und Technik endgültig auflösen.
Neuromorphes Bio-Computing
Mehr über Wetware-Computing
Ein weiterer Ansatz nennt sich neuromorphes Bio-Computing oder auch Wetware-Computing. Während beim zellulären Computing stets lebende Zellen selbst die Rolle des Rechners übernehmen, wird beim Wetware-Computing die Funktionsweise des Gehirns mit biologischen oder hybriden neuronalen Schaltkreisen imitiert. Diese werden beispielsweise in künstlichen Nährlösungen gezüchtet und über feine Mikroelektroden-Arrays mit Computern gekoppelt. Das heißt, die Technologie verbindet lebende neuronale Netzwerke beziehungsweise biochemisch nachgebildete Synapsen mit elektronischen Systemen, um Maschinen zu schaffen, die lernen, sich ständig anpassen und selbst unter unvorhersehbaren Bedingungen stabil bleiben.
Beim Wetware-Computing basiert das Lernen nicht auf digitalen Algorithmen, sondern auf biologischen Prozessen innerhalb lebender Nervenzellen. Die Neuronen bilden synaptische Verbindungen, die sich je nach Aktivität verstärken oder abschwächen. Dabei handelt es sich um ein Prinzip, das als „synaptische Plastizität“ bekannt ist. Wird ein bestimmtes Signal wiederholt, „trainiert“ das System, indem es die neuronalen Verknüpfungen stabilisiert. So entstehen – ähnlich wie im menschlichen Gehirn – Phänomene wie Mustererkennung, Gedächtnis und Entscheidungsfähigkeit. Beim Wetware Computing wird diese Lernfähigkeit gezielt genutzt, indem Reize oder Feedback-Schleifen zum Einsatz kommen, um das biologische Netzwerk auf spezifische Aufgaben zu konditionieren. Das bedeutet, das System entwickelt damit keine programmierten, sondern „erlernte Reaktionen“ innerhalb eines organischen, selbstorganisierenden Lernprozesses.
Als Ergebnis entsteht ein sogenannter Hybrid, der biologische Plastizität mit elektronischer Präzision kombiniert und eine Leistungs- und Energieeffizienz erzielt, die Silizium niemals erreichen kann. Zur Erklärung: Das menschliche Gehirn braucht beispielsweise etwa 20 Watt Energie, um Milliarden von Neuronen parallel arbeiten zu lassen, also weniger als eine gewöhnliche Glühbirne. Ein Supercomputer, der annähernd ähnliche Aufgaben bewältigt, verschlingt mehrere Megawatt. Diese gewaltige Energieeffizienz macht Wetware-Computing für viele Anwendungsfelder so attraktiv. Hinzu kommt die große Lernfähigkeit biologischer Systeme: Neuronen verstärken oder schwächen ihre Verbindungen in Echtzeit. Während KI-Algorithmen diese Prozesse nur simulieren, geschieht Lernen in biologischen Netzwerken direkt, organisch und kontinuierlich.
Zellen werden zu Schaltkreisen
International bekannt wurde das Projekt DishBrain der Monash University in Melbourne. Hier gelang es den Wissenschaftlern, eine Kultur aus menschlichen und tierischen Neuronen so zu trainieren, dass sie das Computerspiel Pong steuern konnte. Dafür erhielten Zellen visuelle Stimuli und gaben Signale zurück. Mit jeder Runde verbesserten sie ihre „Spieltechnik“. Damit war bewiesen, dass auch außerhalb des Körpers Neuronen lernen und interagieren können. Inzwischen werden diese Netzwerke mit komplexeren Aufgaben wie beispielsweise Mustererkennung oder Entscheidungsfindung betraut.
Neuronen fungieren jedoch nicht nur als Prozessoren, sondern auch als Speicherzellen. Sie codieren Informationen durch Veränderungen in Synapsen. Forscher arbeiten daran, diese Mechanismen in technischen Anwendungen zu nutzen. Das Ziel: biologische Speicher mit hoher Dichte, geringer Energieaufnahme und selbstheilender Struktur. Solche „nassen Speicher“ könnten klassische RAM- oder Flash-Technologien (nichtflüchtige Speicher ohne Stromversorgung) ergänzen und vor allem die Grundlagen völlig neuer Architekturen bilden.
Anwendungen für das Wetware-Computing
In der Automobilbranche könnten biobasierte Recheneinheiten völlig neue Dimensionen der Sensorik ermöglichen, da Wetware-Module extrem energieeffizient und anpassungsfähig sind. Denkbar ist etwa die Integration biologischer Sensoren in Fahrzeugkarosserien, die auf molekularer Ebene Materialermüdung, chemische Schadstoffe oder mikrobiologische Kontaminationen erkennen – lange bevor herkömmliche Systeme reagieren würden. Diese biologischen „Co-Prozessoren“ könnten sogar in Echtzeit Informationen an zentrale Steuerungen weitergeben und präventive Maßnahmen auslösen, etwa das Umschalten auf einen Sicherheitsmodus oder das Aktivieren von Nanobeschichtungen zur Reparatur von Mikrorissen.
Beim autonomen Fahren könnten Wetware-Systeme eine neue Ära einläuten. Während heutige Fahrzeuge auf vordefinierten Algorithmen und massiven Datenverarbeitungssystemen beruhen, könnten Wetware-basierte Steuerungen Entscheidungen in einer Form treffen, die eher der menschlichen Intuition ähnelt. Ein neuronales Bio-Hybridsystem in der Fahrzeugsteuerung wäre in der Lage, Muster aus komplexen Umgebungen selbständig zu erkennen, unbekannte Situationen flexibel zu interpretieren und gleichzeitig energieeffizient zu reagieren.
Ein weiteres Feld eröffnet sich im Batterie- und Energiemanagement. Wetware-Systeme könnten mithilfe biochemischer Regelkreise Energieflüsse dynamisch optimieren – ähnlich wie Organismen ihren Stoffwechsel regulieren. So wären adaptive Batteriesysteme denkbar, die sich an unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen oder Zellverbunde selbständig regenerieren. Eine solche Kombination aus synthetischer Biologie und Elektromobilität ebnet damit den Weg zu langlebigeren, nachhaltigen Energiespeichern.
Auch in der industriellen Fertigung entstehen durch Wetware völlig neue Konzepte der Prozess-Steuerung. Biologische Rechenelemente könnten als intelligente Sensorik in Produktionsketten eingesetzt werden, um auf molekularer Ebene Qualitätsabweichungen zu erkennen. Wo klassische Computer nur digitale Signale verarbeiten, arbeitet Wetware direkt mit chemischen Informationen und kann dadurch Umgebungsparameter wie pH-Wert, Feuchtigkeit oder Schadstoffkonzentrationen in Echtzeit interpretieren.
„Wo klassische Computer nur digitale Signale verarbeiten, arbeitet Wetware direkt mit chemischen Informationen und kann dadurch Umgebungsparameter wie pH-Wert, Feuchtigkeit oder Schadstoffkonzentrationen in Echtzeit interpretieren."
Otto Geißler, Fachjournalist für IT
Besonders spannend ist die Aussicht auf hybride Systeme, in denen biologische und elektronische Komponenten verschmelzen, in der Industrie 5.0. Dort könnten Maschinen lernfähige Wetware-Module nutzen, um sich ähnlich wie lebende Organismen an wechselnde Produktionsbedingungen anzupassen. Ein biochemischer Regelkreis im Steuerungssystem könnte beispielsweise erkennen, wenn sich Rohstoffqualitäten ändern, und automatisch den Prozesspfad anpassen, ohne dass eine Programmierung nötig wäre.
In sicherheitskritischen Bereichen, etwa in der Luftfahrt oder im autonomen Fahren, verspricht Wetware-Computing zudem eine neue Form der fehlertoleranten Intelligenz. Biologische Systeme sind robust gegen partielle Ausfälle, da sie auf verteilten, redundanten Strukturen beruhen. Ein Wetware-Co-Prozessor könnte also selbst dann weiterarbeiten, wenn Teile des Systems beschädigt sind – ein entscheidender Vorteil gegenüber konventionellen Chips, die bei geringster Störung ausfallen.
Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen, doch der Trend ist klar: Biologie wird zur neuen Hardware. Für Automobilhersteller, Chemie- und Fertigungsindustrien bedeutet das nicht weniger als den Übergang zu einer Ära, in der Technik und Leben verschmelzen. Wetware-Computing ist nicht nur eine Rechentechnologie, es ist der Beginn eines Paradigmenwechsels: von der toten Maschine zur lebenden Intelligenz.
Mensch-Maschine-Schnittstellen
Mehr über Hydrogele
Hydrogele, einst vor allem in der Wundheilung oder Kontaktlinsenforschung eingesetzt, sind ein weiterer wichtiger Ansatz des Bio-Computing und beschreiben den Bereich innovativer Mensch-Maschine-Schnittstellen. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeit, große Mengen Wasser zu speichern und dabei eine weiche, flexible und biokompatible Struktur zu bewahren, ähneln Hydrogele in ihren mechanischen Eigenschaften stark dem menschlichen Gewebe. Daher sind Hydrogele besonders geeignet, um als „weiche Brücke“ zwischen biologischen und elektronischen Systemen zu fungieren.
In Kombination mit leitfähigen Nanomaterialien oder Ionenleitern lassen sich mit Hydrogelen elektrisch aktive Plattformen herstellen, die eine schonende Signalübertragung zwischen Nervenzellen und technischen Geräten ermöglichen, um beispielsweise querschnittsgelähmten Menschen oder Schlaganfall-Patienten ein eigenständigeres Leben zu ermöglichen. Gerade diese Verbundmaterialien erlauben die Herstellung flexibler Elektroden, die sich an Hirnoberflächen anschmiegen, an Nervenbahnen anpassen oder in Weichgewebe implantiert werden können, ohne jenes chronische Narbengewebe zu provozieren, das bei starren Elektroden oft die Signalqualität zerstört. Das heißt, Hydrogele entwickeln sich nun zu einem der spannendsten Werkstoffe für die Industrie des 21. Jahrhunderts.
Hydrogele bestehen zu rund 90 Prozent aus Wasser, bleiben dennoch formstabil und eröffnen neue Möglichkeiten für smarte Materialien und adaptive Systeme. Dabei liegt ihre besondere Stärke in ihrer Vielseitigkeit. Das heißt, sie reagieren auf Temperatur, pH-Wert, elektrische Felder oder Druck und verändern dabei aktiv ihre Eigenschaften. Damit werden sie zu einem funktionalen Bindeglied zwischen starren technischen Systemen und der dynamischen, lebenden Umwelt.
Anwendungen für Hydrogele
Ein zentrales Anwendungsfeld liegt vor allem auch in der Robotik und Sensorik. Weiche Roboterarme, die auf Basis von Hydrogelen entwickelt werden, können sich ähnlich sanft und präzise bewegen wie biologische Muskeln. Sie reagieren flexibel auf Druck, Reibung oder Wärme und sind dadurch prädestiniert für Aufgaben, bei denen herkömmliche Metall- oder Silikonkomponenten an ihre Grenzen stoßen. Dies gilt beispielsweise für die Lebensmittelverarbeitung, Biotechnologie oder Handhabung empfindlicher Materialien in der Elektronikfertigung.
Im Bereich der intelligenten Sensoren können leitfähige Hydrogele kleinste chemische oder physikalische Veränderungen detektieren und in elektrische Signale umwandeln. In der chemischen Industrie könnten Hydrogel-Sensoren als Frühwarnsysteme arbeiten, um Leckagen, Kontaminationen oder Temperaturabweichungen sofort zu erkennen. In der Bauindustrie wiederum wären Hydrogele als Feuchtigkeitssensoren im Einsatz, um die strukturelle Integrität von Beton oder Mauerwerk langfristig zu überwachen.
Insbesondere von der Automobilindustrie wurde das Potenzial der Technologie längst erkannt. Hydrogele können als adaptive Dämpfungs- und Vibrationssysteme eingesetzt werden, die sich selbst an Fahrbedingungen anpassen. In der Innenraumgestaltung ermöglichen sie neue Konzepte haptischer Interfaces. Damit sind Bedienelemente gemeint, die auf Berührung reagieren, ihre Form verändern oder ein fühlbares Feedback geben. So entsteht eine intuitive, taktile Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
In der Herstellung selbst gewinnen Hydrogele an Bedeutung, wenn es um additive Fertigung (3D-Druck), Präzisionsdruck oder Mikrofabrikation geht. Sie lassen sich als temporäre Stützstrukturen in 3D-Druckprozessen verwenden oder dienen als Trägermaterial für funktionale Beschichtungen. Ihre Fähigkeit, biologisches und technisches Material zu verbinden, macht sie außerdem für Biohybrid-Systeme interessant, bei denen lebende Zellen in industrielle Prozesse integriert werden.
Vision des Quanten-Bio-Computings
Der Begriff beschreibt einen weiteren, insbesondere visionären Forschungsansatz, der bestrebt ist, die Informationsverarbeitung der Natur auf quantenphysikalischer Ebene zu verstehen und daraus technologische Architekturen abzuleiten. Während heutige Quantencomputer supraleitende Schaltkreise oder gefangene Ionen verwenden, um Quantenbits zu erzeugen und zu steuern, denkt das Quanten-Bio-Computing noch weiter: Es untersucht, wie biologische Systeme Quantenkohärenz – also das gleichzeitige Bestehen mehrerer Zustände – aufrechterhalten und gezielt einsetzen können. Denn was in der Natur bei Raumtemperatur funktioniert, während heutige Quantencomputer auf wenige Millikelvin (fast minus 273 Grad Celsius) heruntergekühlt werden müssen, wäre ein gewaltiger Sprung in der Energieeffizienz und Miniaturisierung.
Im Zentrum steht die Frage: Wie schafft es die Natur, den Zerfall empfindlicher Quantenzustände zu verhindern? In der Fotosynthese von Algen und Bakterien zum Beispiel konnte gezeigt werden, dass die Energie eines Photons in einer Art quantenmechanischer Welle über verschiedene Moleküle verteilt wird, bevor sie an den Ort der chemischen Reaktion gelangt. Dieser Mechanismus ist nicht nur extrem effizient, sondern er zeigt auf, dass biologische Systeme eine Art Quanten-Koordinationsnetzwerk besitzen. Wissenschaftler träumen gegenwärtig noch davon, künstliche Systeme zu entwickeln, die Quanteninformation ähnlich verlustfrei transportieren und verarbeiten können.