Ein Metaverse für die Fabrik der Zukunft
Es ist still in der Werkshalle, ein Ingenieur steht allein im Raum, die Augen verborgen hinter einer Virtual-Reality-Brille. Vor ihm, scheinbar schwerelos, schwebt das virtuelle Abbild eines real Dutzende Kilogramm schweren Maschinenbauteils. Er hebt die Hand, dreht das Modell, tritt einen Schritt zur Seite, betrachtet es aus einem anderen Winkel. Mit wenigen Bewegungen simuliert er Belastungen, prüft, ob sich Bauteile montieren lassen – und bleibt bei einer Kante hängen. Ein Fehler im Design, erkannt, lange bevor ein reales Teil überhaupt produziert wird.
Was immer noch wie Science-Fiction klingt, ist in vielen Industrien Alltag. Auch bei der Motion Technology Company Schaeffler, die das Arbeiten mit digitalen Zwillingen seit Jahren kennt. Dank der neuesten Technologiekooperation mit dem US-Tech-Riesen NVIDIA beginnt bei Schaeffler ein weiteres Kapitel des digitalen Fortschritts. Was früher isolierte digitale Kopien von Maschinen und Anlagen waren, wird nun zu einem vernetzten, KI-gestützten Ökosystem: In den virtuellen Industriewelten des NVIDIA Omniverse entstehen hochdynamische Simulationen ganzer Werke, die nicht nur Prozesse visualisieren, sondern dank KI aktiv optimieren.
Das ist NVIDIA
NVIDIA ist ein 1993 gegründetes US-amerikanisches Technologieunternehmen mit Sitz in Santa Clara im US-Bundesstaat Kalifornien. Bekannt wurde es durch seine Grafikprozessoren (GPUs), die weltweit in Computern, Spielen, KI-Anwendungen und Rechenzentren eingesetzt werden. Heute treibt NVIDIA mit Plattformen wie Omniverse und KI-Lösungen die Digitalisierung in Bereichen wie autonomes Fahren, Robotik und Industrie 4.0 voran.
Digitale Zwillinge vernetzen sich zu digitalen Ökosystemen
Mit der Kooperation macht Schaeffler einen konsequenten Schritt in Richtung einer vollständig digitalisierten, flexiblen Produktion. Im NVIDIA Omniverse werden sämtliche Elemente der Produktion abgebildet, die dort als digitale Zwillinge integriert und simuliert werden.
„Um die Produktion der Zukunft gestalten zu können, brauchen wir starke Partner wie NVIDIA. Gemeinsam werden wir ein digitales Ökosystem für unsere mehr als 100 Werke schaffen, das Produktionsabläufe nachhaltig revolutionieren wird. Das Omniverse und der Einsatz von digitalen Zwillingen wird unsere Wertschöpfungsketten effizienter und agiler machen.“
Mit der Plattform des amerikanischen Technologieunternehmens will Schaeffler digitale Zwillinge, also digitale Abbilder von Fabriken und Maschinen, entwickeln. Mitarbeitende können mit KI-gestützten Lösungen physikalische Eigenschaften von Materialien, Prozessen und Produktionsabläufen simulieren und noch schneller optimieren. Das Omniverse ermöglicht außerdem, Zukunftstechnologien wie humanoide Roboter im Produktionsumfeld flexibel einzusetzen. Im Omniverse können zudem komplexe, vollautomatische Montageabläufe wie beispielsweise das Anbringen von Dichtungselementen KI-basiert verbessert werden. Echtzeitsimulationen ermöglichen Anpassungen auch während des Produktlebenszyklus.
„Für globale Fertigungsunternehmen ist ein simulationsbasierter, KI-gesteuerter Ansatz entscheidend, um Effizienz und Innovationen voranzutreiben und Wettbewerbsvorteile auszunutzen“, sagt Rev Lebaredian, Leiter Omniverse und Simulationstechnologie bei NVIDIA. „Unsere Zusammenarbeit wird es Schaeffler ermöglichen, Fertigungs- und Automatisierungsprozesse zu simulieren und zu optimieren, bevor sie in der realen Welt umgesetzt werden – für mehr Innovationskraft bei geringeren Kosten.“
25 Prozent
weniger Entwicklungskosten haben Unternehmen laut einer aktuellen Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey, wenn sie auf Digital Engineering setzen, also auf eine virtuelle, modellbasierte Planung sowie eine KI-gestützte Optimierung.
Um 30 bis 50 Prozent
verkürzt sich die Markteinführungszeit, sofern die Produkte digital entwickelt werden.
Um bis zu 75 Prozent
verringert sich der Bedarf an physischen Prototypen, was Material- und Energie spart – ein messbarer Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Um bis zu 60 Prozent
der üblichen CO₂-Emissionen im Entwicklungsprozess lassen sich laut einer Erhebung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung durch digitale Engineering-Prozesse einsparen.
Bis zu 50 Prozent
der typischen Design- und Fertigungsfehler vor dem ersten physischen Prototyp können laut einer Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC durch simulationsbasierte Entwicklung und digitale Validierung identifiziert und behoben werden.
Roberto Henkel, Leiter Operations Digitalization & IT bei Schaeffler, fügt hinzu: „Die Technologiekooperation mit NVIDIA ermöglicht realitätsnahe, performante Abbildungen digitaler Zwillinge und physischer KI. Schaeffler hat das Ziel, die Entwicklung eines Industriellen Metaverse für die produzierende Industrie gemeinsam mit NVIDIA maßgeblich zu gestalten. Dabei bringen wir unser jahrzehntelanges Wissen im Bereich Fertigung und vertikale Integration für die Weiterentwicklung des Omniverse ein.“ Ziel ist es, bis 2030 mindestens die Hälfte aller Werke in das Omniverse einzubinden.