Unser Boden. Ein Schatz!

Von Volker Paulun
Er versteckt sich unter der Grasnarbe, dabei gehört er eigentlich ins Rampenlicht. Denn der Boden unter unseren Füßen ist ein ganz entscheidender Mitspieler im Ökosystem. Allerdings ein angeschlagener. Hightech kann helfen, ihn wieder fit zu bekommen.
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Artenreichtum

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Der Boden ist der artenreichste Lebensraum der Erde. In einem Kubikmeter der obersten Bodenschicht tummeln sich im Schnitt dutzende Asseln und Spinnen, hunderte Larven und Regenwürmer, zehntausende Milben, Tausend- und andere Gliederfüßler, eine Million Fadenwürmer und hunderte Milliarden Algen, Pilze und Bakterien.

Kohlenstoffspeicher

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Mikroorganismen mineralisieren Kohlenstoff in den Böden, der dort so für Jahrzehnte bis Jahrtausende verbleiben kann. Schätzungen aus dem Jahr 2017 gehen davon aus, dass 680 Mrd. Tonnen in den oberen 30 Zentimetern der weltweiten Böden gespeichert werden – und damit mehr als durch Pflanzen (560 Mrd. Tonnen). Auf der anderen Seite entweicht durch den Stoffwechsel der Mikroorganismen auch eine etwa 10-fach höhere Menge CO₂ aus Böden in die Atmosphäre, als bei der Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt wird. Ob Böden mehr Kohlenstoff binden, als sie emittieren, beeinflusst der Mensch maßgeblich über die Bepflanzung, Düngung und Bodenbearbeitung. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Wälder, Wiesen und Weiden in Europa derzeit Kohlenstoffsenken darstellen, Ackerstandorte hingegen -quellen sind.

Carbon Farming, sinnvoll oder Greenwashing?

Böden sind wichtige Kohlenstoffspeicher, ihre Bewirtschaftung spielt eine zentrale Rolle in der Agrarpolitik, um den Klimawandel einzudämmen. Landwirte können mit einem gezielten Humusaufbau der Atmosphäre ein Zuviel an CO2 entziehen. So entspricht ein Humuszuwachs von 0,1 Prozent pro Hektar fünf bis sechs Tonnen CO2, die auf diesem Hektar gebunden werden. Nach Modellberechnungen könnten theoretisch weltweit zwei bis fünf Milliarden Tonnen pro Jahr in Böden gebunden werden.

In den vergangenen Jahren hat sich in der EU ein Markt entwickelt, der humusaufbauende Landwirte bezahlt, indem sie regelmäßig organischen Dünger wie Mist, Kompost oder Gülle ausbringen und die Fruchtfolge durch den Anbau von Zwischenfrüchten erweitern – Carbon Farming genannt. Die Idee dahinter: Spezialisierte Firmen messen die tatsächlich umgesetzte CO2-Bindung auf einem Acker und entlohnen den landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Prämie in Form von Humus-Zertifikaten, die sie wiederum an Unternehmen weiterverkaufen können, die ihre eigenen Treibhausgas-Emissionen kompensieren wollen.

Grundsätzlich ist der Ansatz, die Humusgehalte landwirtschaftlicher Böden zu erhöhen, begrüßenswert, trotzdem sehen Umwelt- und Naturschutzverbände das Carbon Farming kritisch. Weil es eben nicht nachhaltig in Sachen Klimaschutz sein muss.

Erstens wird sich im Zuge der zu erwartenden Klimaerwärmung Humus künftig um einiges schneller abbauen als derzeit. Zum anderen kann der im Boden gebundene Kohlenstoff jederzeit wieder als CO2 freigesetzt werden, wenn der landwirtschaftliche Betrieb seine Maßnahmen einstellt oder verringert.

Aussaat per Drohne

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Fliegende Bodenverbesserer: Mit Drohnen lässt sich mittels elektromagnetischer Wellen die Bodenbeschaffenheit schnell, unkompliziert und präzise aus der Luft analysieren, beispielsweise der Feuchtigkeits- und Nährstoffgehalt. Das so gewonnene Wissen hilft u. a. Landwirten, gezielter und damit bodenschonender zu düngen und zu bewässern. Außerdem können Drohnen zur Aussaat auf Feldern genutzt werden. Auch dies kommt dem Boden zugute, der bei konventioneller Aussaat durch Traktoren verdichtet wird. Bei der Aufforstung degradierter Flächen können die ferngesteuerten Flieger eingesetzt werden, um kostengünstig Samen auf großen Flächen oder in schwer zugänglichem Gelände gezielt auszubringen.

Flächenversiegelung

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In vielen Industrienationen ist etwa die Hälfte der Siedlungs- und Verkehrsfläche versiegelt – mit steigender Tendenz. In Deutschland gehen aktuell jeden Tag durchschnittlich 55 Hektar Boden für den Ausbau von Infrastruktur und Siedlungsflächen verloren. Das führt gerade in Ballungsräumen zu erhöhten Lufttemperaturen und schwindenden Grundwasserständen.

Degradation

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In der Europäischen Union gelten mittlerweile mehr als 60 Prozent der Böden als geschädigt. Ursachen sind chemische Degradation (z. B. Überdüngung), physikalische Degradation (Verdichtung, Bebauung) und Erosion durch Wind und Wasser. Die Zahl ist allerdings nicht unumstritten, da in dieser Einordung bereits ein negativer Indikator unter vielen reicht, um Böden als geschädigt einzustufen. Viele Bodenwissenschaftler halten eine solche Einordnung daher für zu restriktiv.

Wasserspeicher

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Ein Kubikmeter Erde kann bis zu 250 Liter Wasser speichern. Böden können so Auswirkungen der Klimakrise wie Trockenheit, Starkregen und Überschwemmungen abmildern.

Bessere Böden mit KI

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Das von 28 Partnern aus elf EU-Ländern getragene Projekt AI4SoilHealth will eine digitale Plattform aufbauen, die mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) eine umfassende Bewertung und Verbesserung der Bodengesundheit in ganz Europa ermöglicht. Dazu sollen bis 2026 Daten von landwirtschaftlichen Betrieben und Pilotstandorten in ganz Europa gesammelt werden, auf deren Grundlage ein digitaler Zwilling europäischer Böden aufgebaut werden soll. Das Ziel ist es, dass die KI anhand des digitalen Zwillings Bodennutzern wie Landwirten und Förstern konkrete Handlungsempfehlungen und Zukunftsprognosen erstellen kann. Beispielsweise: Was passiert mit dem Boden, wenn ich anders dünge? Wie wirkt sich eine andere Bepflanzung auf die Bodengesundheit aus? Wie ändert sich der Boden in 10, 20 oder 30 Jahren, wenn ein Acker bewaldet wird?