Kommt jetzt das ultraschnelle Satelliten-Internet?
Wird der kostspielige Bau von Tiefseekabeln bald unnötig sein? Wenn es nach der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich geht, lautet die Antwort: Ja! In einem Experiment, das im Wissenschaftsmagazin „nature“ präsentiert wurde, hat ein internationales Forschungsteam unter Schweizer Leitung gezeigt, wie künftig ein ultraschnelles Satelliten-Internet aussehen kann.
In einer Mitteilung der ETH heißt es dazu: „Mit dieser Terabit-Datenübertragung werden künftig wesentlich kostengünstigere und auch viel schneller erstellbare Backbone-Verbindungen über erdnahe Satelliten-Konstellationen möglich.“
So funktioniert’s: Anders als das bereits installierte Starlink-Satelliten-Internet von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX, das Daten wie WLAN oder Mobilfunk mit Wellenlängen von einigen Zentimetern überträgt, arbeitet das optische Lasersystem im Bereich des sogenannten nahen Infrarotlichts mit rund 10.000-mal kürzeren Wellenlängen. Allein dadurch können deutlich mehr Informationen pro Zeiteinheit transportiert werden. Außerdem kamen im Projekt neue, robuste Lichtmodulationsformate zum Einsatz. Sie sollen die Empfindlichkeit der Detektion massiv erhöhen und ermöglichen dadurch selbst unter schlechtesten Wetterbedingungen oder bei geringen Laserleistungen hohe Datenraten. Gesendet und empfangen wird der Laserstrahl durch Teleskope mit mehreren Dutzend Zentimeter Durchmesser. Kommt es durch äußere Einflüsse zu Phasenverschiebung, korrigiert ein Chip-großes elektromechanisches System mit einer Matrix aus 97 beweglichen Spiegelchen die Abweichungen 1.500-mal pro Sekunde.
Mehr als 530 aktive Unterseekabel
Das Rückgrat des Internets – den sogenannten Backbone – bilden Glasfaserkabel, die jeweils bis zu mehr als hundert Terabit an Daten pro Sekunde (1 Terabit = 1.012 digitale 1/0-Signale) zwischen den Netzknoten transportieren. Das ist teuer: Ein einzelnes Kabel durch den Atlantik erfordert Investitionen von mehreren Hundert Millionen Dollar. Das spezialisierte Beratungsunternehmen TeleGeography zählt aktuell 530 aktive Unterseekabel. Tendenz steigend.
Anspruchsvolle Testverhältnisse in den Schweizer Alpen
Erprobt haben die Projektpartner ihr Laser-System allerdings nicht mit einem Satelliten im Orbit, sondern durch eine Übertragung über 53 Kilometer vom Jungfraujoch nach Bern. „Unsere Versuchsstrecke zwischen der Hochalpinen Forschungsstation auf dem Jungfraujoch und dem Observatorium Zimmerwald der Universität Bern ist aus Sicht einer optischen Datenübertragung wesentlich anspruchsvoller als zwischen einem Satelliten und einer Bodenstation“, erklärt Yannik Horst, leitender Autor der Studie. Der Laserstrahl musste sich auf dem ganzen Weg durch die dichte, bodennahe Atmosphäre bewegen. Dabei beeinflussten die vielfältigen Turbulenzen der Luftgase über dem verschneiten Hochgebirge, der Wasserfläche des Thunersees, der dichten Bebauung und der Aare-Ebene die Bewegung der Lichtwellen und damit auch die Informationsübertragung.
„Unser System bedeutet einen Durchbruch. Bisher gelang es nur, entweder große Distanzen mit kleinen Bandbreiten von wenigen Gigabit oder kurze Distanzen von wenigen Metern mit großen Bandbreiten per Freilandlaser zu verbinden.“
Studienleiter Juerg Leuthold
Ob und wann das Laserübertragungssystem den Weg ins All findet, ist noch offen. Die praktische Umsetzung in ein marktfähiges Produkt sollen Industriepartner übernehmen.