Kathedralen der Mobilität
New York
Grand Central Terminal (eröffnet 1913, Foto 1930)
Lüttich
Liège-Guillemins (eröffnet 2009)
Antwerpen
Antwerpen-Centraal (eröffnet 1905)
Mumbai
Chhatrapati Shivaji Maharaj Terminus (eröffnet 1888 als Victoria Terminus)
Zukunft
Vision eines Hyperloop-Bahnhofs der Firma Transpod
67 Gleise! 75 Meter hoch!
180 Meter Fassade! 2.600 Züge und zwei Millionen Fahrgäste täglich! Egal, aus welcher Zeit sie stammen: Bahnhöfe brechen noch heute Rekorde. Ihre Geschichte ist untrennbar mit dem rasanten Wachstum des weltweiten Schienenverkehrs verbunden. Die schönsten, größten, extravagantesten Stationen symbolisieren als bedeutendes Kulturerbe die Zeit des globalen Aufbruchs.
Niemand konnte ahnen, wie der Sommer 1835 die Welt von Grund auf verändern würde. Die erste kontinental-europäische Eisenbahnverbindung von Nürnberg nach Fürth gilt als eine zentrale Geburtsstunde des Schienenverkehrs. Und der nimmt eine wahrhaft explosionsartige Entwicklung; existierten 1840 erst 8.591 Kilometer Eisenbahngleise in Europa, erschließt bereits 1880 ein Schienennetz von über 365.000 Kilometern die Welt. Schier endlose Stahlbänder machen die fernsten Winkel erreichbar, verkürzen einstige Wochendistanzen auf Tagestrips. Ferne Städte rücken nah, Gleise machen Ziele der Sehnsucht und des Fernwehs real.
Marmor, Kuppeln und Barock
Dieser schnelle Aufbruch spiegelt sich synchron im Baueifer der Bahnhofsarchitekten wider. Bahnhöfe sind die zentralen Ankerpunkte dieser neuartigen urbanen und interurbanen Mobilität. Und diese Ankerpunkte nähren die Entwicklung der sie umgebenden Städte, wie es bis dahin nur Häfen getan hatten. Hinter den Bahnhofstüren und Fassaden hält jetzt die große Welt Einzug. Sie lösen das Versprechen ein, Raum und Zeit überwinden zu können. Viele Städte inszenieren ihre Teilhabe am europa- und weltweiten Aufbruch in die Technisierung der Mobilität mit Stein, Marmor und Glas. Antwerpen-Centraal bekommt schon 1905 sein 75 Meter hohes Kuppelgebäude, 1864 der Pariser Gare du Nord eine 180 Meter lange neoklassizistische Fassade, und seit 1877 beeindruckt der Budapester Westbahnhof Nyugati Pályaudvar mit seiner neobarocken Glasfassade aus der Feder von Gustave Eiffel. 1888 begründet der Victoria Terminus in Bombay den pompösen indo-sarazenischen Baustil, in dem sich Kulturen zu etwas völlig Neuem verbinden – bis heute locken 1.300 Züge täglich zwei Millionen Reisende in seine Hallen.
In Bahnhöfen wohnt das Fernweh
Bahnreisen nehmen vorweg, was heute Globalisierung heißt. Bahnlinien erschließen Kontinente, überbrücken Distanzen, machen fremde Kulturen erfahrbar: Der Orient-Express lädt ein zur Reise nach Konstantinopel. Zwischen New York und Seattle, Los Angeles und Miami rasen Züge mit Namen wie California Zephyr, Flying Yankee, Silver Meteor oder Empire Builder durch die USA. Viele fahren zum Grand Central Terminal von 1913, dem mit 67 Gleisen weltgrößten Bahnhof. Die Transsibirische Eisenbahn verbindet Moskau mit dem fernen Osten des russischen Reiches, der Trans-Europ-Express durchquert ab 1957 in rasender Eile Staaten, die erst langsam politisch zusammenwachsen.
Auch jenen, die sich keine Reise erlauben können, boten Bahnhöfe seinerzeit ein wenig Fernweh – man durchschritt ehrfurchtheischende Portale, schaute hinter klassizistischen Eingangsgebäuden aus Sandstein die Geschäfte an, träumte mit den Menschen in den Wartesälen von Ferne und Abenteuer. Bahnhöfe gaben den passenden Rahmen für die Hoffnung des Aufbruchs, den Schmerz des Abschieds und die Freudentränen der Wartenden, wenn Heimkehrende begrüßt wurden.
Eine Standardzeit
Bahnhöfe im Zug der Zeit
Doch dann kommt das Auto und definiert alle Träume von Ferne und Mobilität neu: Sein Siegeszug lässt ab den 1950er-Jahren europaweit Bahnverbindung um Bahnverbindung, Bahnlinie um Bahnlinie verschwinden und die Bahnhöfe der Masse überfüllter Vorortzüge anheim fallen, die vom Sinnbild für die Lust am Reisen zum Symbol für tägliche Arbeitsfron degradierten. Erst als Hochgeschwindigkeitszüge die Städte immer schneller erreichbar machen und die Eisenbahn der übergroßen Autofülle ihre Stärke entgegensetzt, wendet sich das Blatt. Heute rollen Meisterwerke der Ingenieurskunst – eben noch mit 300, 350 Stundenkilometern pfeilschnell – in die vertrauten Hallen und lösen die Sehnsucht von damals ein: Wieder gibt es das Gefühl, entlegene Orte und Regionen erreichen zu können, nur eben schneller, als es die fantasiebegabtesten Visionäre ahnen konnten.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts werden Bahnhöfe wieder zu den Kündern neuer Zeit: Architekten wie Santiago Calatrava erkennen ihre Aufgabe, die Stationen zum Zeichen einer zukunftsweisenden Mobilität zu machen. Modernität und Mobilität bedingen einander aufs Neue; im Bahnhof Liège-Guillemins – 2009 als Station für die Hochgeschwindigkeitszüge Thalys und Intercity eröffnet – steht die filigrane, modernistische Architektur für den neuen Aufbruch. Bahnen überflügeln Autos schon längst und machen dem Flugverkehr ernsthaft Konkurrenz. Calatrava hatte dieser futuristischen Vision bereits 1994 mit dem Bahnhof Lyon Saint-Exupéry TGV und 1998 mit dem Lissabonner Expo-Bahnhof Estação do Oriente Ausdruck gegeben. Wenig später wurde der Trend mit der Southern Cross Railway Station im australischen Melbourne weitergeführt und die Symbiose zwischen Bahnhof und Shopping Mall auf den fünften Kontinent getragen.
Bindeglieder zur mobilen Zukunft
Heute ergänzen edles Shopping und nüchternes Einkaufen die Reiselust, ehe man in die Polster der Waggons sinkt und märchenhaft schnell seinem Ziel entgegenzufliegen scheint. So beweisen sich die Bahnhöfe auch künftig als Orte des Übergangs und der Wandlung, sind steinerne oder stählerne Bindeglieder zwischen dem Fortschrittsglauben der Vergangenheit und der Zukunftsfähigkeit moderner Ingenieursleistung.
Voll den Durchblick
Großer Bahnhof für Güter
Temporekorde im Laufe der Zeit
Rollende Riesen – Schaeffler im Bahnverkehr
Als zentraler Entwicklungspartner der Antriebs- und Fahrzeughersteller gestaltet Schaeffler den Bahnverkehr nachhaltiger, effizienter, leiser und sicherer. Das Angebot reicht von Radsatzlagern, Fahrmotoren- sowie Getriebelagern bis zu Lagern und Komponenten für Wagengelenke, Brems- und Türsysteme. Zudem können Bahnbetreiber mit dem Condition Monitoring System von Schaeffler Zustandsdaten kompletter Drehgestelle erfassen und so längere Laufzeiten sowie Wartungsintervalle erzielen. Gleichzeitig steigt die Betriebssicherheit.
Der Bahnverkehr in und zwischen urbanen Ballungsräumen erfordert eine immer schnellere Taktung, höheren Fahrkomfort und umweltschonendere Technologien. Dabei unterstützen wir die Antriebs- und Fahrzeughersteller mit immer leistungsstärkeren Komponenten und integrierten Systemen, übrigens auch als laufzeitverlängernde Nachrüstlösungen
Dr. Michael Holzapfel,
Leiter Geschäftsbereich Rail Europa
Signal Richtung Zukunft
Mit einem Forschungsteam auf dem Campus der chinesischen Southwest Jiaotong University (SWJTU) vertieft Schaeffler seine Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung von Radsatzlagern für Schienenfahrzeuge. Die SWJTU gilt als eine der weltweit bedeutendsten Universitäten für den Bereich „Railway Engineering“. „Die Herausforderungen für die künftige Mobilität außerhalb der Städte sind enorm, da der interurbane Verkehr stark zunimmt“, sagt Professor Peter Gutzmer, Technologievorstand bei Schaeffler und Gastprofessor an der SWJTU. „Mit unserer Kompetenz in der Herstellung von Lagern für den Schienenverkehr ist Schaeffler seit mehr als 100 Jahren in der Branche tätig. Die Kooperation mit der SWJTU ermöglicht uns, neue Lösungen für die interurbane Mobilität von morgen zu schaffen. Wir bringen die Forschungskompetenz der Universität mit unserer Mechatronik-Kompetenz und unserer Expertise bei Systemen zur vorausschauenden Instandhaltung von Radsatzlagern zusammen.“