Mensch 2.0
© Hadel Productions/Getty, Lushik/Getty
September 2019

Mensch 2.0

Von Volker Paulun
Wenn Hannes Sjöblad zur Arbeit geht, hält er kurz seine Hand in die Nähe der elektronischen Einlasskon­trolle, und schon öffnet sich die Bürotür. Auch den Snack zwischendurch bezahlt der schwedische IT-Manager mit seiner Hand. Sjöblad hat sich einen Reiskorn-großen Chip in die Hand implantieren lassen, der mit Maschinen kommunizieren kann. Ein humaner Log-in ins Internet der Dinge.

Sjöblad bezeichnet sich selbst als Biohacker und sieht ein Cyborg-Zeitalter des verbesserten Menschen (Human Augmentation) auf uns zukommen. Besorgnis­erregend? Nicht unbedingt. Schon heute sind Cyborgs unter uns: Taube, die dank Verlinkung mit Sensoren wieder hören können, oder Blinde, die sich mit einer Mini-Kamera vernetzen und sehend werden. Ein vielversprechender Forschungsbereich sind sogenannte Brain-Computer-­Interfaces (BCI). Mit ihnen lassen sich Maschinen per ­Gedanken steuern. Bereits 2002 gelang es KI-Forscher Kevin Warwick nach einigem Training, mittels eines „Braingates“ (ein Mikrochip, der über 100 feine Elektroden mit den Nervenfasern im Unterarm verbunden ist) über WLAN und Internet einen Roboterarm zu kontrollieren.

Ich wurde als Mensch geboren. Aber das war nur ein Versehen des Schicksals. Ich glaube, dies zu ändern steht in unserer Macht

KI-Forscher Kevin Warwick

2016 steuerte ein Proband einen Flugsimulator via BCI. Auch der umtriebige Tech-Milliardär Elon Musk will mit seinem Start-up Neuralink das menschliche Gehirn über ein Interface mit Maschinen vernetzen. Bei einer Präsentation im Sommer 2019 zeigte er, wie dafür hauchdünne Drähte in den Kopf implantiert werden. Aktuell ­bemüht er sich um die behördliche Zulassung der Technologie. Drive-by-wire-Systeme wie „Space Drive“ von Schaeffler sind dabei eine wichtige Brücke, um BCI-­Impulse in reale Bewegungen umzusetzen. Aber auch in virtuelle Welten integriert sich der Mensch buchstäblich hautnah: Südkoreanische Forscher präsentierten unlängst einen Datenhandschuh, mit dem man imaginäre Dinge dank einer Heerschar winziger pneumatischer ­Aktoren haptisch erleben kann. Auch das ein Vorbote des Cyborg-Zeitalters.

Was Brain-Computer-Interfaces (BCI) ermöglichen könn(t)en
Mensch 2.0

Cloud-Gedächtnis

„Habe ich vergessen“ – ein Satz, der dank BCI ausstirbt. BCIs ermöglichen es, sich direkt mit dem Internet zu verbinden und Gedanken in eine Cloud zu laden.

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Telepathie

Wenn Gedanken zu Daten werden, können diese von Mensch zu Mensch übertragen werden. Das vereinfacht z. B. die Kommunikation mit hör- und sprachgeschädigten Menschen.

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Tele-Robotik

Roboter werden ausführende Organe menschlicher Gedanken, um schwierige, gefährliche oder für uns unmögliche Aufgaben zu meistern (z. B. bei OPs und Rettungsmissionen oder in der Raumfahrt).

Mensch 2.0

Körperliche Handicaps ausgleichen

BCIs können Störungen im Nervensystem des Menschen ausgleichen und so motorische Einschränkungen aufheben.